EU und China sehen Weltordnung bedroht
Russlands Krieg in der Ukraine rüttelt an der Stabilität der Welt, sagen China und die EU nach ihrem Gipfel. Doch beide Seiten ziehen unterschiedliche Schlussfolgerungen. Aus Brüssel Bernd Riegert.
Das Gipfeltreffen zwischen der chinesischen Führung und den Spitzenvertretern der EU-Institutionen fand wieder nur am Bildschirm statt. Aus Angst vor der Corona-Pandemie verzichteten vor allem die Chinesen auf ein persönliches Treffen. In China gilt eine Null-Infektionen-Politik, die gerade zu einem Lockdown in der 26-Millionen-Einwohner-Stadt Shanghai führt. Aus europäischer Sicht, wo die Corona-Beschränkungen in den meisten Staaten gefallen sind, ist die chinesische Politik sehr restriktiv, denn die Infektionszahlen in China sind sehr viel niedriger als in der EU.
Die Bekämpfung der Pandemie war denn auch eines der umstrittenen Themen bei den Gipfel-Gesprächen. Die europäische Seite beklagt vor allem, dass China durch seine Lockdowns, die auch Häfen und Industrieanlagen treffen, die Lieferketten nach Europa empfindlich stört.
Das Gipfeltreffen zwischen der chinesischen Führung und den Spitzenvertretern der EU-Institutionen fand wieder nur am Bildschirm statt. Aus Angst vor der Corona-Pandemie verzichteten vor allem die Chinesen auf ein persönliches Treffen. In China gilt eine Null-Infektionen-Politik, die gerade zu einem Lockdown in der 26-Millionen-Einwohner-Stadt Shanghai führt. Aus europäischer Sicht, wo die Corona-Beschränkungen in den meisten Staaten gefallen sind, ist die chinesische Politik sehr restriktiv, denn die Infektionszahlen in China sind sehr viel niedriger als in der EU.
Im Mittelpunkt der Gespräche dieses 23. Gipfeltreffens zwischen der kommunistischen Volksrepublik und der Europäischen Union standen nicht, wie sonst üblich, wirtschaftliche Fragen, sondern der russische Krieg gegen die Ukraine. “Dies ist nicht das übliche Geschäft, dies ist ein Gipfel in Kriegszeiten”, sagte der Präsident des Europäisches Rates, Charles Michel. “Die EU und China waren sich einig, dass dieser Krieg die Stabilität in der Welt bedroht.” Man habe China aufgefordert, dabei mitzuhelfen, den Krieg zu beenden.
Krieg in der Ukraine überschattet alles
Der chinesische Machthaber Xi Jinping ließ wohl nicht erkennen, ob er auf diese Aufforderung eingehen will. Aus dem chinesischen Außenministerium hieß es, China werde sich nicht auf eine der Seiten stellen. “Wir haben offen und direkt unsere unterschiedlichen Standpunkte ausgetauscht”, sagte die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen nach dem Gipfel. Das ist die diplomatisch ausgedrückte Beschreibung dafür, dass es keine Annäherung der Standpunkte gab.
China hat erst kürzlich ein umfassendes Partnerschaftsabkommen mit Russland geschlossen und den Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine nicht offen kritisiert. “Wir erwarten, dass China seiner Verantwortung als Mitglied des UN-Sicherheitsrates nachkommt. China hat Einfluss auf Russland und diesen Einfluss muss es nutzen”, forderte Ursula von der Leyen. Die Ansichten liegen aber so weit auseinander, dass es nicht möglich war, eine gemeinsame Erklärung zu diesem Gipfel zu formulieren, anders als bei den Gipfeltreffen zuvor.
Während die EU Russlands Aggression einen Krieg nennt, spricht die chinesische Führung von einer “ukrainischen Krise” oder “Vorkommnissen in der Ukraine”, die die NATO und die USA zu verantworten hätten. Auf Befürchtungen auch der US-Regierung, China könnte die internationalen Wirtschaftssanktionen gegen Russland hintergehen oder gar aktiv Ausrüstung an Russland liefern, gingen die Vertreter der EU in ihren Redebeiträgen während des Gipfels ebenfalls ein. “Wir erwarten von China, dass es unsere Sanktionen zumindest nicht unterläuft, wenn es sich ihnen schon nicht anschließt”, so die Kommissionspräsidentin. Eine Antwort auf dieses Anliegen gab es aus Peking offenbar nicht.
Insgesamt 40 Staaten haben sich nach Angaben der EU-Kommission inzwischen den europäischen Sanktionen angeschlossen. Wang Lutong, der Abteilungsleiter für Europa im chinesischen Außenministerium, teilte per Twitter mit, dass der chinesische Premierminister Li Keqiang sich gegen einen kalten oder heißen Krieg in der Ukraine ausgesprochen habe. “China ist gegen eine Teilung in Blöcke und dagegen, Partei für eine Seite zu ergreifen”, schrieb Wang Lutong.
Die EU-Delegation hofft darauf, dass China an seiner Reputation in der Welt gelegen ist und der chinesische Präsident Xi Jinping, der sich selbst “Oberster Führer” nennen lässt, die richtigen Entscheidungen trifft. Allerdings hatten China und Russland erst vor zwei Tagen bei einem physischen Treffen beider Außenminister eine “unbefristete Kooperation ohne Grenzen” vereinbart. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erinnerte Xi Jinping beim Video-Gespräch noch einmal daran, dass die EU und China zwei wirtschaftliche Supermächte seien. Das tägliche Handelsvolumen zwischen Europa und China betrage zwei Milliarden Euro. Das zwischen Russland und China nur 340 Millionen Euro.
Die EU warnte China davor, dass viele westliche Unternehmen das Land verlassen und direkte Investitionen in China streichen könnten. Die Asien-Expertin der Denkfabrik European Council on Foreign Relations, Janka Oertel, sieht darin eine mehr oder weniger offene Drohung der EU in Richtung Peking. “Die EU sagt, dass europäische Firmen sehr genau beobachten, wie sich die Staaten in diesem Krieg positionieren. Der mögliche massenhafte Ausstieg von Firmen aus dem Russlandgeschäft sollte China ein Warnung sein.”
Dieser Trend habe schon vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine eingesetzt, schreibt das Wirtschaftsforschungsinstitut ifo in einer Analyse. Noch seien 46 Prozent aller deutschen Unternehmen auf Vorprodukte aus China angewiesen. Die Hälfte dieser Unternehmen denke aber darüber nach, sich Lieferanten außerhalb China zu suchen und Abhängigkeiten zu verringern.
Denn es gibt seit Jahren eine Reihe ungelöster Streitpunkte. China verweigert westlichen Firmen einen fairen und gleichberechtigten Marktzugang. Ein Abkommen über Investitionen, das vor allem auf Drängen Deutschlands Ende 2020 mit der EU unterzeichnet worden war, hat das Europäische Parlament gestoppt.
China hatte zuvor Sanktionen gegen Parlamentsabgeordnete ausgesprochen, die die Unterdrückung von Minderheiten und Opposition sowie die Verletzung von Menschenrechten in China kritisieren. Außerdem hat China das EU-Mitglied Litauen mit Sanktionen belegt, weil Litauen der Republik Taiwan erlaubt hat, eine Vertretung in der Hauptstadt Vilnius zu eröffnen. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz. Die EU hat ein Verfahren gegen China vor der Welthandelsorganisation WTO eingeleitet und verlangt die Aufhebung der Sanktionen, die den Binnenmarkt innerhalb der EU gefährden. Bei all diesen Streitpunkten, die während des Gipfels am Freitag nur gestreift wurden, gab es wie erwartet keine Annäherung.
Nur beim Kampf gegen den Klimawandel, dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Bekämpfung von Seuchen wie COVID-19 gab es wohl einige Übereinstimmung, wenn man den Darstellungen der EU-Vertreter folgt. Alles in allem sei dies “eine gute Gelegenheit gewesen, unsere Sorgen vorzutragen und unsere Überzeugung, dass es so nicht bleiben kann”, bilanzierte Ursula von der Leyen. Das heißt wohl übersetzt: Magere Ergebnisse trotz hoher Erwartungen.
Das Gipfeltreffen zwischen der chinesischen Führung und den Spitzenvertretern der EU-Institutionen fand wieder nur am Bildschirm statt. Aus Angst vor der Corona-Pandemie verzichteten vor allem die Chinesen auf ein persönliches Treffen. In China gilt eine Null-Infektionen-Politik, die gerade zu einem Lockdown in der 26-Millionen-Einwohner-Stadt Shanghai führt. Aus europäischer Sicht, wo die Corona-Beschränkungen in den meisten Staaten gefallen sind, ist die chinesische Politik sehr restriktiv, denn die Infektionszahlen in China sind sehr viel niedriger als in der EU.
Die Bekämpfung der Pandemie war denn auch eines der umstrittenen Themen bei den Gipfel-Gesprächen. Die europäische Seite beklagt vor allem, dass China durch seine Lockdowns, die auch Häfen und Industrieanlagen treffen, die Lieferketten nach Europa empfindlich stört.
Krieg in der Ukraine überschattet alles
Im Mittelpunkt der Gespräche dieses 23. Gipfeltreffens zwischen der kommunistischen Volksrepublik und der Europäischen Union standen nicht, wie sonst üblich, wirtschaftliche Fragen, sondern der russische Krieg gegen die Ukraine. “Dies ist nicht das übliche Geschäft, dies ist ein Gipfel in Kriegszeiten”, sagte der Präsident des Europäisches Rates, Charles Michel. “Die EU und China waren sich einig, dass dieser Krieg die Stabilität in der Welt bedroht.” Man habe China aufgefordert, dabei mitzuhelfen, den Krieg zu beenden.
Der chinesische Machthaber Xi Jinping ließ wohl nicht erkennen, ob er auf diese Aufforderung eingehen will. Aus dem chinesischen Außenministerium hieß es, China werde sich nicht auf eine der Seiten stellen. “Wir haben offen und direkt unsere unterschiedlichen Standpunkte ausgetauscht”, sagte die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen nach dem Gipfel. Das ist die diplomatisch ausgedrückte Beschreibung dafür, dass es keine Annäherung der Standpunkte gab.
China hat erst kürzlich ein umfassendes Partnerschaftsabkommen mit Russland geschlossen und den Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine nicht offen kritisiert. “Wir erwarten, dass China seiner Verantwortung als Mitglied des UN-Sicherheitsrates nachkommt. China hat Einfluss auf Russland und diesen Einfluss muss es nutzen”, forderte Ursula von der Leyen. Die Ansichten liegen aber so weit auseinander, dass es nicht möglich war, eine gemeinsame Erklärung zu diesem Gipfel zu formulieren, anders als bei den Gipfeltreffen zuvor.
Während die EU Russlands Aggression einen Krieg nennt, spricht die chinesische Führung von einer “ukrainischen Krise” oder “Vorkommnissen in der Ukraine”, die die NATO und die USA zu verantworten hätten. Auf Befürchtungen auch der US-Regierung, China könnte die internationalen Wirtschaftssanktionen gegen Russland hintergehen oder gar aktiv Ausrüstung an Russland liefern, gingen die Vertreter der EU in ihren Redebeiträgen während des Gipfels ebenfalls ein. “Wir erwarten von China, dass es unsere Sanktionen zumindest nicht unterläuft, wenn es sich ihnen schon nicht anschließt”, so die Kommissionspräsidentin. Eine Antwort auf dieses Anliegen gab es aus Peking offenbar nicht.
EU stellt Forderungen an China
Insgesamt 40 Staaten haben sich nach Angaben der EU-Kommission inzwischen den europäischen Sanktionen angeschlossen. Wang Lutong, der Abteilungsleiter für Europa im chinesischen Außenministerium, teilte per Twitter mit, dass der chinesische Premierminister Li Keqiang sich gegen einen kalten oder heißen Krieg in der Ukraine ausgesprochen habe. “China ist gegen eine Teilung in Blöcke und dagegen, Partei für eine Seite zu ergreifen”, schrieb Wang Lutong.
Unternehmen könnten sich zurückziehen
Die EU-Delegation hofft darauf, dass China an seiner Reputation in der Welt gelegen ist und der chinesische Präsident Xi Jinping, der sich selbst “Oberster Führer” nennen lässt, die richtigen Entscheidungen trifft. Allerdings hatten China und Russland erst vor zwei Tagen bei einem physischen Treffen beider Außenminister eine “unbefristete Kooperation ohne Grenzen” vereinbart. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erinnerte Xi Jinping beim Video-Gespräch noch einmal daran, dass die EU und China zwei wirtschaftliche Supermächte seien. Das tägliche Handelsvolumen zwischen Europa und China betrage zwei Milliarden Euro. Das zwischen Russland und China nur 340 Millionen Euro.
Die EU warnte China davor, dass viele westliche Unternehmen das Land verlassen und direkte Investitionen in China streichen könnten. Die Asien-Expertin der Denkfabrik European Council on Foreign Relations, Janka Oertel, sieht darin eine mehr oder weniger offene Drohung der EU in Richtung Peking. “Die EU sagt, dass europäische Firmen sehr genau beobachten, wie sich die Staaten in diesem Krieg positionieren. Der mögliche massenhafte Ausstieg von Firmen aus dem Russlandgeschäft sollte China ein Warnung sein.”
Dieser Trend habe schon vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine eingesetzt, schreibt das Wirtschaftsforschungsinstitut ifo in einer Analyse. Noch seien 46 Prozent aller deutschen Unternehmen auf Vorprodukte aus China angewiesen. Die Hälfte dieser Unternehmen denke aber darüber nach, sich Lieferanten außerhalb China zu suchen und Abhängigkeiten zu verringern.
Zahlreiche Streitpunkte – keine Lösung in Sicht
Denn es gibt seit Jahren eine Reihe ungelöster Streitpunkte. China verweigert westlichen Firmen einen fairen und gleichberechtigten Marktzugang. Ein Abkommen über Investitionen, das vor allem auf Drängen Deutschlands Ende 2020 mit der EU unterzeichnet worden war, hat das Europäische Parlament gestoppt.
China hatte zuvor Sanktionen gegen Parlamentsabgeordnete ausgesprochen, die die Unterdrückung von Minderheiten und Opposition sowie die Verletzung von Menschenrechten in China kritisieren. Außerdem hat China das EU-Mitglied Litauen mit Sanktionen belegt, weil Litauen der Republik Taiwan erlaubt hat, eine Vertretung in der Hauptstadt Vilnius zu eröffnen. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz. Die EU hat ein Verfahren gegen China vor der Welthandelsorganisation WTO eingeleitet und verlangt die Aufhebung der Sanktionen, die den Binnenmarkt innerhalb der EU gefährden. Bei all diesen Streitpunkten, die während des Gipfels am Freitag nur gestreift wurden, gab es wie erwartet keine Annäherung.
Nur beim Kampf gegen den Klimawandel, dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Bekämpfung von Seuchen wie COVID-19 gab es wohl einige Übereinstimmung, wenn man den Darstellungen der EU-Vertreter folgt. Alles in allem sei dies “eine gute Gelegenheit gewesen, unsere Sorgen vorzutragen und unsere Überzeugung, dass es so nicht bleiben kann”, bilanzierte Ursula von der Leyen. Das heißt wohl übersetzt: Magere Ergebnisse trotz hoher Erwartungen.