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Deutschlands Sicherheit: Streit um Strategie

Wie muss Deutschland seine Sicherheitsinteressen künftig definieren? Darüber ist sich die Regierung noch nicht einig. Es geht vor allem um den Umgang mit China.

Wie kann Deutschland seine Zukunft absichern? Welche Strategie hat die Bundesregierung in Bezug auf Verbündete wie die USA, welche gegenüber Russland oder China?  Eine umfassende Strategie, einen Plan zu formulieren, das hatte sich die Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und der liberalen FDP schon im Koalitionsvertrag vom Herbst 2021 vorgenommen. Durch den russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat das Thema eine ganz neue Brisanz erfahren. Aber noch ist eine solche Strategie nicht fertig. Die Details bergen jede Menge möglichen Zündstoff für die drei Regierungsparteien.

Noch nie hat es in Deutschland eine umfassende, klare und verbindliche Beschreibung der eigenen Sicherheitsinteressen gegeben. Das Handeln war immer bestimmt von kurzfristigen und vor allem wirtschaftlichen Überlegungen, nicht nur bei der gegenwärtigen Regierung, sondern auch bei vielen ihrer Vorgänger, etwa im Umgang mit China. Am nächsten kamen die sogenannten “Weißbücher” des Verteidigungsministeriums einem allgemeinen Plan zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Wie kann Deutschland seine Zukunft absichern? Welche Strategie hat die Bundesregierung in Bezug auf Verbündete wie die USA, welche gegenüber Russland oder China?  Eine umfassende Strategie, einen Plan zu formulieren, das hatte sich die Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und der liberalen FDP schon im Koalitionsvertrag vom Herbst 2021 vorgenommen. Durch den russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat das Thema eine ganz neue Brisanz erfahren. Aber noch ist eine solche Strategie nicht fertig. Die Details bergen jede Menge möglichen Zündstoff für die drei Regierungsparteien.

Aber jetzt soll alles anders werden: Eine Beschreibung der deutschen Sicherheitsinteressen, möglichst von allen Ministerien getragen, das schwebt vor allem Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vor. Sie hat ein Papier mit rund 60 Seiten in Auftrag gegeben, dem aber noch die allgemeine Zustimmung fehlt, etwa aus dem Kanzleramt.

Eine nationale Strategie gab es noch nie

In der Regierungszentrale hält man vor allem die Kritik an China für zu stark ausformuliert. Jetzt sollen Vertreter von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), von Baerbock und von Finanzminister Christian Lindner (FDP) den vorliegenden Entwurf abstimmen, möglichst so, dass die Strategie noch vor dem Beginn der wichtigen Münchner Sicherheitskonferenz am dritten Februarwochenende durchs Kabinett geht. Aber es ist nicht auszuschließen, dass es länger dauern könnte, heißt es.

Es geht wohl in erster Linie um den Kurs gegenüber China. Achtet Deutschland künftig wie in der Vergangenheit vor allem auf die wirtschaftlichen Interessen oder formuliert die Regierung eine Linie, die stärker als bislang auch die Menschenrechte und den dauerhaften Druck der Chinesen auf Taiwan in den Fokus nimmt?

Streit gibt es auch mit dem SPD-geführten Verteidigungsministerium, das in der Strategie den Grundsatz verankert sehen will, dauerhaft zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für die Verteidigung auszugeben. Das Ministerium wünscht auch die Zusicherung, dass Rüstungsprojekte, die mit den europäischen Verbündeten angedacht sind, grundsätzlich die Zustimmung der Regierung finden. Das sehen vor allem die Grünen kritisch.

Deutschland braucht eine klare Definition der eigenen Interessen, fordert die Opposition. Es sollte aufgeräumt werden mit drei deutschen Lebenslügen, sagt Roderich Kiesewetter der DW: “billige Sicherheit aus den USA, billige Wertschöpfungsketten aus China, billige Energie aus Russland”. Der Außenexperte der konservativen CDU/CSU-Bundestagsfraktion erläutert: “Die Strategie muss deshalb konkrete politische Handlungsanweisungen vorlegen, wie die Bundeswehr zur Bündnis- und Landesverteidigung befähigt werden, unsere Energieversorgung diversifiziert und die Abhängigkeit von China reduziert werden kann.”

Anders als die Regierung fordert die CDU, sich ein Beispiel an den USA zu nehmen: “Deshalb brauchen wir zwingend einen Nationalen Sicherheitsrat, der weisungsungebunden und unabhängig besetzt ist. Unabhängig von Regierungskonstellation und Opportunitätskosten ist das die beste Möglichkeit, die tatsächliche Umsetzung der nationalen Strategie zu überprüfen, regelmäßig zu evaluieren und somit endlich eine strategisch vorausschauende Sicherheitspolitik in Deutschland zu implementieren.” In Deutschland gibt es anders als in den USA oder in Litauen keinen solchen unabhängigen nationalen Sicherheitsrat.

Vorbehalte gegen den Entwurf aus dem Auswärtigen Amt gibt es auch im Finanzministerium und in den Bundesländern. Das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Finanzministerium vermisst klare Aussagen zu Problemen wie der Geldwäsche und zur internationalen Terrorabwehr.

Die Bundesländer fühlen sich übergangen. “Ich frage mich, wie man in Berlin eine sinnvolle Nationale Sicherheitsstrategie ohne Beteiligung der Länder ausarbeiten will, selbst, wenn es vermeintlich um Außenpolitik geht”, sagte etwa Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) der Zeitung “Welt”: “Die großen sicherheitsrelevanten Themen, egal ob Cybersicherheit oder der Kampf gegen Terrorismus, werden doch auch in den Bundesländern beackert.”

Sauer aufgestoßen ist den Bundesländern vor allem, dass Baerbock zwar mit vielen Nicht-Regierungsorganisationen über ihren Entwurf gesprochen hat, nicht aber mit den Innenministerien der Länder. Auch das FDP-geführte Bundesjustizministerium fühlt sich übergangen, weil es nicht an der Ressortabstimmung beteiligt war.

Der Knackpunkt bleibt China: Vor allem die Grünen und die FDP fordern klarere Aussagen über Menschenrechtsverletzungen in China und über den aggressiven Kurs der Führung in Peking gegenüber Taiwan.

Das Kanzleramt unter Regierungschef Olaf Scholz aber will nach wie vor ein Augenmerk auf die wirtschaftlichen Beziehungen zu China legen. So hatte das Kanzleramt im vergangenen Jahr gegen erhebliche Bedenken von Grünen und FDP einer Beteiligung eines staatlichen chinesischen Unternehmens an einem wichtigen Containerterminal im Hamburger Hafen zugestimmt. Solche Konflikte soll eine nationale Sicherheitsstrategie eigentlich von vornherein ausschließen.

Ob die aber nun tatsächlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt werden kann, wie das die Regierung geplant hatte, ist ungewiss. In dieser Woche wollen sich Vertreter der zuständigen Ministerien noch einmal im Kanzleramt zusammensetzen, um strittige Fragen zu klären.

Eine Frau in brauner Weste und offener Tarnfleckjacke steht neben einem Militärfahrzeug mit Geschützrohr. Hinter ihr steht ein Soldat in Uniform mit rotem Barett
Zwei Männer in dunklen Anzügen, weißen Hemden und Krawatten stehen mit Abstand nebeneinander von roten Flaggen mit gelben Sternen und
Ein Mann im dunklen Anzug, weißem Hemd, Krawatte und Brille steht offenbar an einem Rednerpult und hat gestikulierend die linke Hand erhoben

Wie kann Deutschland seine Zukunft absichern? Welche Strategie hat die Bundesregierung in Bezug auf Verbündete wie die USA, welche gegenüber Russland oder China?  Eine umfassende Strategie, einen Plan zu formulieren, das hatte sich die Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und der liberalen FDP schon im Koalitionsvertrag vom Herbst 2021 vorgenommen. Durch den russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat das Thema eine ganz neue Brisanz erfahren. Aber noch ist eine solche Strategie nicht fertig. Die Details bergen jede Menge möglichen Zündstoff für die drei Regierungsparteien.

Noch nie hat es in Deutschland eine umfassende, klare und verbindliche Beschreibung der eigenen Sicherheitsinteressen gegeben. Das Handeln war immer bestimmt von kurzfristigen und vor allem wirtschaftlichen Überlegungen, nicht nur bei der gegenwärtigen Regierung, sondern auch bei vielen ihrer Vorgänger, etwa im Umgang mit China. Am nächsten kamen die sogenannten “Weißbücher” des Verteidigungsministeriums einem allgemeinen Plan zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Eine nationale Strategie gab es noch nie

Aber jetzt soll alles anders werden: Eine Beschreibung der deutschen Sicherheitsinteressen, möglichst von allen Ministerien getragen, das schwebt vor allem Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vor. Sie hat ein Papier mit rund 60 Seiten in Auftrag gegeben, dem aber noch die allgemeine Zustimmung fehlt, etwa aus dem Kanzleramt.

In der Regierungszentrale hält man vor allem die Kritik an China für zu stark ausformuliert. Jetzt sollen Vertreter von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), von Baerbock und von Finanzminister Christian Lindner (FDP) den vorliegenden Entwurf abstimmen, möglichst so, dass die Strategie noch vor dem Beginn der wichtigen Münchner Sicherheitskonferenz am dritten Februarwochenende durchs Kabinett geht. Aber es ist nicht auszuschließen, dass es länger dauern könnte, heißt es.

Es geht wohl in erster Linie um den Kurs gegenüber China. Achtet Deutschland künftig wie in der Vergangenheit vor allem auf die wirtschaftlichen Interessen oder formuliert die Regierung eine Linie, die stärker als bislang auch die Menschenrechte und den dauerhaften Druck der Chinesen auf Taiwan in den Fokus nimmt?

Streit gibt es auch mit dem SPD-geführten Verteidigungsministerium, das in der Strategie den Grundsatz verankert sehen will, dauerhaft zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für die Verteidigung auszugeben. Das Ministerium wünscht auch die Zusicherung, dass Rüstungsprojekte, die mit den europäischen Verbündeten angedacht sind, grundsätzlich die Zustimmung der Regierung finden. Das sehen vor allem die Grünen kritisch.

Erster Entwurf aus dem Außenministerium

Deutschland braucht eine klare Definition der eigenen Interessen, fordert die Opposition. Es sollte aufgeräumt werden mit drei deutschen Lebenslügen, sagt Roderich Kiesewetter der DW: “billige Sicherheit aus den USA, billige Wertschöpfungsketten aus China, billige Energie aus Russland”. Der Außenexperte der konservativen CDU/CSU-Bundestagsfraktion erläutert: “Die Strategie muss deshalb konkrete politische Handlungsanweisungen vorlegen, wie die Bundeswehr zur Bündnis- und Landesverteidigung befähigt werden, unsere Energieversorgung diversifiziert und die Abhängigkeit von China reduziert werden kann.”

Streit zwischen den Grünen und dem Verteidigungsressort

Anders als die Regierung fordert die CDU, sich ein Beispiel an den USA zu nehmen: “Deshalb brauchen wir zwingend einen Nationalen Sicherheitsrat, der weisungsungebunden und unabhängig besetzt ist. Unabhängig von Regierungskonstellation und Opportunitätskosten ist das die beste Möglichkeit, die tatsächliche Umsetzung der nationalen Strategie zu überprüfen, regelmäßig zu evaluieren und somit endlich eine strategisch vorausschauende Sicherheitspolitik in Deutschland zu implementieren.” In Deutschland gibt es anders als in den USA oder in Litauen keinen solchen unabhängigen nationalen Sicherheitsrat.

Vorbehalte gegen den Entwurf aus dem Auswärtigen Amt gibt es auch im Finanzministerium und in den Bundesländern. Das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Finanzministerium vermisst klare Aussagen zu Problemen wie der Geldwäsche und zur internationalen Terrorabwehr.

Die Bundesländer fühlen sich übergangen. “Ich frage mich, wie man in Berlin eine sinnvolle Nationale Sicherheitsstrategie ohne Beteiligung der Länder ausarbeiten will, selbst, wenn es vermeintlich um Außenpolitik geht”, sagte etwa Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) der Zeitung “Welt”: “Die großen sicherheitsrelevanten Themen, egal ob Cybersicherheit oder der Kampf gegen Terrorismus, werden doch auch in den Bundesländern beackert.”

CDU/CSU für einen nationalen Rat wie in den USA

Sauer aufgestoßen ist den Bundesländern vor allem, dass Baerbock zwar mit vielen Nicht-Regierungsorganisationen über ihren Entwurf gesprochen hat, nicht aber mit den Innenministerien der Länder. Auch das FDP-geführte Bundesjustizministerium fühlt sich übergangen, weil es nicht an der Ressortabstimmung beteiligt war.

Der Knackpunkt bleibt China: Vor allem die Grünen und die FDP fordern klarere Aussagen über Menschenrechtsverletzungen in China und über den aggressiven Kurs der Führung in Peking gegenüber Taiwan.

Kritik von Bundesministerien und Bundesländern

Das Kanzleramt unter Regierungschef Olaf Scholz aber will nach wie vor ein Augenmerk auf die wirtschaftlichen Beziehungen zu China legen. So hatte das Kanzleramt im vergangenen Jahr gegen erhebliche Bedenken von Grünen und FDP einer Beteiligung eines staatlichen chinesischen Unternehmens an einem wichtigen Containerterminal im Hamburger Hafen zugestimmt. Solche Konflikte soll eine nationale Sicherheitsstrategie eigentlich von vornherein ausschließen.

Streit über den Umgang mit China

Ob die aber nun tatsächlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt werden kann, wie das die Regierung geplant hatte, ist ungewiss. In dieser Woche wollen sich Vertreter der zuständigen Ministerien noch einmal im Kanzleramt zusammensetzen, um strittige Fragen zu klären.

Blick auf ein riesiges Handelsschiff, hoch mit Containern beladen am Kai einer Hafenanlage mit Kränen, LKWs und Containern. Im Hintergrund die Kulisse einer Stadt

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