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Was Entwicklungsministerin Schulzes erste Afrika-Reise verrät

Ihre erste Reise als Entwicklungsministerin führt Svenja Schulze nach Afrika. Ein Zeichen, dass Afrika auch für sie eine große Bedeutung hat. Aber sonst will die Neue einiges anders machen als ihr Vorgänger.

Auf den ersten Blick wirkt das Besuchsprogramm ziemlich unspektakulär: Gespräch mit dem Staatspräsidenten, Besuch in einem Bergwerk, ein Abstecher zur neuen Produktionsstätte für Biontech-Impfstoffe. Alles Routinetermine, die wohl auch ihr Vorgänger absolviert hätte.

“Wir haben Ruanda ausgewählt, weil wir dort deutlich machen wollen, dass die Impfstoff-Produktion auf dem afrikanischen Kontinent jetzt starten wird”, sagte die neue Entwicklungsministerin Svenja Schulze kürzlich im DW-Interview.

Auf den ersten Blick wirkt das Besuchsprogramm ziemlich unspektakulär: Gespräch mit dem Staatspräsidenten, Besuch in einem Bergwerk, ein Abstecher zur neuen Produktionsstätte für Biontech-Impfstoffe. Alles Routinetermine, die wohl auch ihr Vorgänger absolviert hätte.

Doch der zweite Blick verrät eine Menge mehr. Darüber, was Schulze für die Zukunft plant – und was eben nicht. Wirtschaftstermine spielen bei ihrem dreitägigen Ruanda-Besuch (ab 28.02.) zum Beispiel kaum eine Rolle. Was sich in Ruanda eigentlich anbieten würde: hier produziert unter anderem Volkswagen.

Privatwirtschaft spielt keine große Rolle mehr

“Wir wissen, dass die Ministerin gemeinsam mit der Industrie die Impfstoff-Produktion auf dem afrikanischen Kontinent vorantreiben will. In anderen Bereichen ist dagegen eher wenig von der Entwicklungszusammenarbeit als Partner der Privatwirtschaft zu hören”, sagt auch Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft zur DW. 

Ganz anders als bei ihrem Vorgänger Gerd Müller. Der versprach einen radikalen Kurswechsel. Statt klassischer Entwicklungshilfe wollte er deutsche Privatinvestitionen in Afrika fördern. Ständig kamen aus dem Müller-Ministerium neue Konzepte für die Zusammenarbeit mit Afrika, allen voran der ambitionierte “Marshallplan mit Afrika”.

“Jede neue Ministerin möchte den Dingen ihren Stempel aufdrücken. Von Marshallplan werden wir wahrscheinlich nicht mehr viel hören”, sagt Olumide Abimbola von der Denkfabrik Africa Policy Research Institute zur DW. Dazu passt, dass die Ministerin nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Afrikachef des Ministeriums abberufen hat, der als Architekt der bisherigen Politik galt.

Einen erneuten Politikwechsel dürften viele Menschen in Afrika kaum spüren. Die deutschen Investitionen in Afrika stagnieren bei gut einem Prozent, daran hat auch die Konzeptoffensive des BMZ nichts geändert. Und doch kam sie in Afrika gut an. “Mein Empfinden war, dass die Förderung von Privatinvestitionen in Afrika von Regierungen oft begrüßt wurde, weil sie als eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe empfunden wurde. Es wird darauf zu achten sein, dass man die Erwartungen nicht enttäuscht, die durch solche Initiativen geweckt wurden”, sagt Jann Lay vom GIGA-Institut für Afrika-Studien zur DW.

Das Programm der Ruanda-Reise zeigt, auf welche Themen die neue Ministerin stattdessen setzt: Klimawandel, Digitalisierung, Frauenrechte. Schulze will in Ruanda unter anderem eine Klimapartnerschaft auf den Weg bringen und mit Entscheidungsträgerinnen über Ruandas Frauenpolitik sprechen.

Ersteres dürfte nicht nur in Ruanda gut ankommen. Afrika trägt zwar kaum zum weltweiten Klimawandel bei, leidet aber besonders unter den Folgen: Überflutungen, schwere Dürren oder Wüstenbildung werden nach Prognosen häufiger und härter. “Das ist ein riesiges Problem für einen Kontinent, der von der Landwirtschaft lebt. Ich hoffe, das Ministerium wird den Fokus nicht nur auf Klimaschutz legen, sondern afrikanische Länder vor allem bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen”, sagt Experte Abimbola. 

Beim Thema Frauenrechte droht dagegen Ärger. Im Koalitionsvertrag verpflichtet sich die Bundesregierung zu einer feministischen Außenpolitik. Analog dazu will die Entwicklungsministerin eine feministische Entwicklungspolitik einführen.

Für die Ministerin sind die Vorteile klar: “Wir wissen, dass wenn Frauen in Friedensprozessen beteiligt sind, die Ergebnisse besser sind”, sagte sie im DW-Interview. Ebenso müssten Frauen gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen teilhaben. Mädchen gingen nach der aktuellen Krise seltener zur Schule, was ebenfalls geändert werden müsse. Außerdem bräuchten Frauen gleiche Rechte, zum Beispiel beim Zugang zum Gesundheitssystem.

Noch gibt es kein Konzept, wie die feministische Entwicklungspolitik in der täglichen Arbeit umgesetzt werden soll. Doch Konflikte mit afrikanischen Regierungen sind wahrscheinlich. Grundsätzlich sei das Konzept sinnvoll, sagt Jann Lay vom GIGA-Institut in Hamburg, aber: “es ist ein Thema, das nicht mit allen Partnerländern ganz leicht zu behandeln sein wird, weil es von den Ländern selber vielleicht nicht als ein so schwerwiegendes Problem wahrgenommen wird.”

Im Gegenteil: Bei vielen afrikanischen Regierungen werden Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Homosexualität oder Gender zunehmend als Einmischung des Westens empfunden. Bis die neue Entwicklungspolitik Realität geworden ist, liegt vor Svenja Schulze noch jede Menge Arbeit.

Mitarbeit: Rosalia Romaniec

Entwicklungsminister Müller in Kenia
Volkswagen in Ruanda
Schülerin in der Elfenbeinküste

Auf den ersten Blick wirkt das Besuchsprogramm ziemlich unspektakulär: Gespräch mit dem Staatspräsidenten, Besuch in einem Bergwerk, ein Abstecher zur neuen Produktionsstätte für Biontech-Impfstoffe. Alles Routinetermine, die wohl auch ihr Vorgänger absolviert hätte.

“Wir haben Ruanda ausgewählt, weil wir dort deutlich machen wollen, dass die Impfstoff-Produktion auf dem afrikanischen Kontinent jetzt starten wird”, sagte die neue Entwicklungsministerin Svenja Schulze kürzlich im DW-Interview.

Privatwirtschaft spielt keine große Rolle mehr

Doch der zweite Blick verrät eine Menge mehr. Darüber, was Schulze für die Zukunft plant – und was eben nicht. Wirtschaftstermine spielen bei ihrem dreitägigen Ruanda-Besuch (ab 28.02.) zum Beispiel kaum eine Rolle. Was sich in Ruanda eigentlich anbieten würde: hier produziert unter anderem Volkswagen.

“Wir wissen, dass die Ministerin gemeinsam mit der Industrie die Impfstoff-Produktion auf dem afrikanischen Kontinent vorantreiben will. In anderen Bereichen ist dagegen eher wenig von der Entwicklungszusammenarbeit als Partner der Privatwirtschaft zu hören”, sagt auch Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft zur DW. 

Ganz anders als bei ihrem Vorgänger Gerd Müller. Der versprach einen radikalen Kurswechsel. Statt klassischer Entwicklungshilfe wollte er deutsche Privatinvestitionen in Afrika fördern. Ständig kamen aus dem Müller-Ministerium neue Konzepte für die Zusammenarbeit mit Afrika, allen voran der ambitionierte “Marshallplan mit Afrika”.

“Jede neue Ministerin möchte den Dingen ihren Stempel aufdrücken. Von Marshallplan werden wir wahrscheinlich nicht mehr viel hören”, sagt Olumide Abimbola von der Denkfabrik Africa Policy Research Institute zur DW. Dazu passt, dass die Ministerin nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Afrikachef des Ministeriums abberufen hat, der als Architekt der bisherigen Politik galt.

Neue Konzepte, neues Personal

Einen erneuten Politikwechsel dürften viele Menschen in Afrika kaum spüren. Die deutschen Investitionen in Afrika stagnieren bei gut einem Prozent, daran hat auch die Konzeptoffensive des BMZ nichts geändert. Und doch kam sie in Afrika gut an. “Mein Empfinden war, dass die Förderung von Privatinvestitionen in Afrika von Regierungen oft begrüßt wurde, weil sie als eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe empfunden wurde. Es wird darauf zu achten sein, dass man die Erwartungen nicht enttäuscht, die durch solche Initiativen geweckt wurden”, sagt Jann Lay vom GIGA-Institut für Afrika-Studien zur DW.

‘Nicht nur Klimaschutz’

Das Programm der Ruanda-Reise zeigt, auf welche Themen die neue Ministerin stattdessen setzt: Klimawandel, Digitalisierung, Frauenrechte. Schulze will in Ruanda unter anderem eine Klimapartnerschaft auf den Weg bringen und mit Entscheidungsträgerinnen über Ruandas Frauenpolitik sprechen.

Ersteres dürfte nicht nur in Ruanda gut ankommen. Afrika trägt zwar kaum zum weltweiten Klimawandel bei, leidet aber besonders unter den Folgen: Überflutungen, schwere Dürren oder Wüstenbildung werden nach Prognosen häufiger und härter. “Das ist ein riesiges Problem für einen Kontinent, der von der Landwirtschaft lebt. Ich hoffe, das Ministerium wird den Fokus nicht nur auf Klimaschutz legen, sondern afrikanische Länder vor allem bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen”, sagt Experte Abimbola. 

Beim Thema Frauenrechte droht dagegen Ärger. Im Koalitionsvertrag verpflichtet sich die Bundesregierung zu einer feministischen Außenpolitik. Analog dazu will die Entwicklungsministerin eine feministische Entwicklungspolitik einführen.

Für die Ministerin sind die Vorteile klar: “Wir wissen, dass wenn Frauen in Friedensprozessen beteiligt sind, die Ergebnisse besser sind”, sagte sie im DW-Interview. Ebenso müssten Frauen gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen teilhaben. Mädchen gingen nach der aktuellen Krise seltener zur Schule, was ebenfalls geändert werden müsse. Außerdem bräuchten Frauen gleiche Rechte, zum Beispiel beim Zugang zum Gesundheitssystem.

Noch gibt es kein Konzept, wie die feministische Entwicklungspolitik in der täglichen Arbeit umgesetzt werden soll. Doch Konflikte mit afrikanischen Regierungen sind wahrscheinlich. Grundsätzlich sei das Konzept sinnvoll, sagt Jann Lay vom GIGA-Institut in Hamburg, aber: “es ist ein Thema, das nicht mit allen Partnerländern ganz leicht zu behandeln sein wird, weil es von den Ländern selber vielleicht nicht als ein so schwerwiegendes Problem wahrgenommen wird.”

Im Gegenteil: Bei vielen afrikanischen Regierungen werden Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Homosexualität oder Gender zunehmend als Einmischung des Westens empfunden. Bis die neue Entwicklungspolitik Realität geworden ist, liegt vor Svenja Schulze noch jede Menge Arbeit.

Mitarbeit: Rosalia Romaniec

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