Tunesiens Präsident kündigt Auflösung des Parlaments an
Der Machtkampf in Tunesien spitzt sich zu: Das suspendierte Parlament trat erstmals seit seiner Entmachtung zusammen und widerrief die Neuordnung des Staates durch Präsident Kais Saied. Dieser reagierte sofort.
Rund 120 Abgeordnete haben in einer Online-Sitzung die “außergewöhnlichen Maßnahmen” abgelehnt, mit denen Staatspräsident Kais Saied seit Juli 2021 die demokratische Verfassung von 2014 außer Kraft gesetzt hat und allein regiert. Sie forderten zudem vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, um die politische und sozioökonomische Krise des nordafrikanischen Landes zu überwinden. Die Online-Plenartagung wurde vom unabhängigen Vizepräsidenten des Parlaments, Tarek Fertiti, geleitet.
Damit widersetzten sich die Parlamentarier der umstrittenen Neuordnung des Staates durch den Präsidenten. Nach Monaten der politischen Blockade hatte sich Saied am 25. Juli 2021 in Tunesiendie volle Macht angeeignet: Er verhängte den Ausnahmezustand, entließ Premierminister Hichem Mechichi, suspendierte das Parlament und übernahm alle Befugnisse, um “den sozialen Frieden zu wahren”. Am 22. September formalisierte der Staatschef seine Vollmachten durch “außergewöhnliche Maßnahmen”, mit denen die Suspendierung des Parlaments verlängert wurde. Sie erlauben ihm auch, per Dekret Gesetze zu erlassen, den Vorsitz im Ministerrat zu führen und die Gesetze des Landes zu ändern.
Rund 120 Abgeordnete haben in einer Online-Sitzung die “außergewöhnlichen Maßnahmen” abgelehnt, mit denen Staatspräsident Kais Saied seit Juli 2021 die demokratische Verfassung von 2014 außer Kraft gesetzt hat und allein regiert. Sie forderten zudem vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, um die politische und sozioökonomische Krise des nordafrikanischen Landes zu überwinden. Die Online-Plenartagung wurde vom unabhängigen Vizepräsidenten des Parlaments, Tarek Fertiti, geleitet.
Der Präsident kündigte nach der virtuellen Sitzung der Abgeordneten im Fernsehen an, er werde das Parlament auflösen. Saied bezeichnete das Treffen bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates als einen “gescheiterten Putschversuch” und eine “Verschwörung gegen die Sicherheit des Staates”. Der Präsident hatte am Montag gewarnt, dass die Streitkräfte gegen “diejenigen vorgehen werden, die Tunesier zum Kampf getrieben haben”. Nach Berichten einheimischer Medien leitete das Justizministerium nach der virtuellen Sitzung ein Verfahren gegen die Abgeordneten ein wegen des Vorwurfs einer “Verschwörung gegen die Sicherheit des Staates”.
Justizministerium leitet Verfahren gegen Abgeordnete ein
Beobachter gehen nicht davon aus, dass durch den Parlamentsbeschluss die Stellung des Präsidenten geschwächt wird. “Wir haben keine Angst, eine legitime Institution zu verteidigen”, sagte die Abgeordnete Jamina Soglami von der gemäßigten islamistischen Ennahda-Partei. “Das Volk hat uns nicht das Vertrauen entzogen. Der Präsident hat das Parlament mit einem Panzer geschlossen.” Ennahda ist mit einem Viertel der Sitze die stärkste Partei im Parlament.
Der Verfassungsrechts-Professor Saied wurde 2019 mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt. Er versprach damals, die Korruption im Land zu bekämpfen. Sein Vorgehen gegen demokratische Institutionen rechtfertigt er mit der Notwendigkeit, einen politischen und wirtschaftlichen Stillstand in Tunesien zu überwinden und die Coronavirus-Pandemie in den Griff zu bekommen. Seine Gegner werfen ihm einen Putsch vor und fürchten um die demokratischen Errungenschaften, die sie mit der Revolution von 2011 erreicht haben.
Saied genoss in der Bevölkerung bislang großen Rückhalt für sein Vorgehen, zuletzt wuchs der Widerstand jedoch. Vor zehn Tagen gingen Tausende seiner Gegner auf die Straße. Beobachter befürchten, dass eine gesellschaftliche Spaltung die Stabilität Tunesiens gefährdet. In dem nordafrikanischen Land hatten die arabischen Aufstände begonnen, in deren Folge 2011 mehrere arabische Langzeitherrscher gestürzt wurden. Tunesien gelang danach als einzigem Land der Region der Übergang in die Demokratie. Es kämpft aber weiterhin mit einer Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und weit verbreiteter Korruption. Vor allem in der jungen Generation ist der Unmut groß.
kle/bru (rtr, dpa, efe, afp)
Rund 120 Abgeordnete haben in einer Online-Sitzung die “außergewöhnlichen Maßnahmen” abgelehnt, mit denen Staatspräsident Kais Saied seit Juli 2021 die demokratische Verfassung von 2014 außer Kraft gesetzt hat und allein regiert. Sie forderten zudem vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, um die politische und sozioökonomische Krise des nordafrikanischen Landes zu überwinden. Die Online-Plenartagung wurde vom unabhängigen Vizepräsidenten des Parlaments, Tarek Fertiti, geleitet.
Damit widersetzten sich die Parlamentarier der umstrittenen Neuordnung des Staates durch den Präsidenten. Nach Monaten der politischen Blockade hatte sich Saied am 25. Juli 2021 in Tunesiendie volle Macht angeeignet: Er verhängte den Ausnahmezustand, entließ Premierminister Hichem Mechichi, suspendierte das Parlament und übernahm alle Befugnisse, um “den sozialen Frieden zu wahren”. Am 22. September formalisierte der Staatschef seine Vollmachten durch “außergewöhnliche Maßnahmen”, mit denen die Suspendierung des Parlaments verlängert wurde. Sie erlauben ihm auch, per Dekret Gesetze zu erlassen, den Vorsitz im Ministerrat zu führen und die Gesetze des Landes zu ändern.
Justizministerium leitet Verfahren gegen Abgeordnete ein
Der Präsident kündigte nach der virtuellen Sitzung der Abgeordneten im Fernsehen an, er werde das Parlament auflösen. Saied bezeichnete das Treffen bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates als einen “gescheiterten Putschversuch” und eine “Verschwörung gegen die Sicherheit des Staates”. Der Präsident hatte am Montag gewarnt, dass die Streitkräfte gegen “diejenigen vorgehen werden, die Tunesier zum Kampf getrieben haben”. Nach Berichten einheimischer Medien leitete das Justizministerium nach der virtuellen Sitzung ein Verfahren gegen die Abgeordneten ein wegen des Vorwurfs einer “Verschwörung gegen die Sicherheit des Staates”.
Beobachter gehen nicht davon aus, dass durch den Parlamentsbeschluss die Stellung des Präsidenten geschwächt wird. “Wir haben keine Angst, eine legitime Institution zu verteidigen”, sagte die Abgeordnete Jamina Soglami von der gemäßigten islamistischen Ennahda-Partei. “Das Volk hat uns nicht das Vertrauen entzogen. Der Präsident hat das Parlament mit einem Panzer geschlossen.” Ennahda ist mit einem Viertel der Sitze die stärkste Partei im Parlament.
Der Verfassungsrechts-Professor Saied wurde 2019 mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt. Er versprach damals, die Korruption im Land zu bekämpfen. Sein Vorgehen gegen demokratische Institutionen rechtfertigt er mit der Notwendigkeit, einen politischen und wirtschaftlichen Stillstand in Tunesien zu überwinden und die Coronavirus-Pandemie in den Griff zu bekommen. Seine Gegner werfen ihm einen Putsch vor und fürchten um die demokratischen Errungenschaften, die sie mit der Revolution von 2011 erreicht haben.
Saied genoss in der Bevölkerung bislang großen Rückhalt für sein Vorgehen, zuletzt wuchs der Widerstand jedoch. Vor zehn Tagen gingen Tausende seiner Gegner auf die Straße. Beobachter befürchten, dass eine gesellschaftliche Spaltung die Stabilität Tunesiens gefährdet. In dem nordafrikanischen Land hatten die arabischen Aufstände begonnen, in deren Folge 2011 mehrere arabische Langzeitherrscher gestürzt wurden. Tunesien gelang danach als einzigem Land der Region der Übergang in die Demokratie. Es kämpft aber weiterhin mit einer Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und weit verbreiteter Korruption. Vor allem in der jungen Generation ist der Unmut groß.
Sorge um demokratische Errungenschaften
kle/bru (rtr, dpa, efe, afp)