Ukraine aktuell: Erbitterter Widerstand in Mariupol
Ukrainische Kämpfer in Mariupol ignorieren ein russisches Ultimatum. Der Fall der Hafenstadt würde laut Präsident Selenskyj das Aus der Friedensgespräche bedeuten. Von der Leyen fordert Waffenlieferungen. Ein Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
Die in der Hafenstadt Mariupol kämpfenden ukrainischen Truppen wollen sich nach Angaben Russlands nicht ergeben. Die Einheiten, darunter 400 ausländische Söldner, hätten sich in dem Stahlwerk Asowstal verschanzt, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Die Regierung in Kiew habe ihnen untersagt, die Waffen niederzulegen.
Das Wichtigste in Kürze:
Zuvor hatte Moskau ein Ultimatum gestellt und den Soldaten im Fall einer Kapitulation zugesichert, sie würden am Leben bleiben. “Im Fall einer weiteren Gegenwehr werden sie alle vernichtet”, sagte Konaschenkow. Nach russischen Angaben sollen in dem Werk etwa 2500 Kämpfer sein, die die Stadt gegen eine komplette Eroberung verteidigen wollen. Aus Kiew gab es dazu keine Angaben. Nach Kremlinformationen steht Mariupol mittlerweile fast vollständig unter russischer Kontrolle.
Selenskyj droht mit Gesprächsstopp
Der Fall von Mariupol würde dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge das endgültige Aus der Gespräche mit Russland zur Folge haben. Für beide Seiten wäre dies eine “Sackgasse, denn wir verhandeln weder über unsere Territorien noch über unsere Leute”, sagte er.
Mariupol wird seit den ersten Tagen nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar belagert. Inzwischen ist die einst über 400.000 Einwohner zählende Stadt im Südosten weitgehend zerstört, die humanitäre Lage ist katastrophal. Selenskyj sprach kürzlich von zehntausenden Toten durch die Belagerung. Außerdem warf er Russland erneut vor, keine Fluchtkorridore zuzulassen.
In der Nähe der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist in dem Ort Browary nach Behördenangaben bei einem russischen Raketenangriff ein Teil der Infrastruktur getroffen worden. Es könne zu Unterbrechungen bei der Wasser- und Stromversorgung kommen, sagte Bürgermeister Ihor Sapaschko. Nach russischen Angaben wurde eine Munitionsfabrik zerstört.
In der Hauptstadt Kiew teilten die Behörden mit, dass es dort ruhig geblieben sei – abgesehen vom Luftalarm. Anders als am Vortag habe es keine neuen Explosionen gegeben.
Die ukrainische Regierung hat für Sonntag die Schließung der Fluchtkorridore aus den umkämpften Gebieten im Osten des Landes angekündigt. Es sei nicht gelungen, mit der russischen Armee eine Feuerpause für die Evakuierungsrouten zu vereinbaren, teilte die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk auf Telegram mit. “Wir scheuen keine Mühe, damit die humanitären Korridore so schnell wie möglich wieder geöffnet werden können.”
Das russische Verteidigungsministerium hat ein Video veröffentlicht, das angeblich ein Treffen zwischen dem Chef der Marine und den Überlebenden des im Schwarzen Meer gesunkenen Kriegsschiffs “Moskwa” zeigt. In dem etwa 30 Sekunden langen Video sind einige Dutzend Männer in Marineuniform zu sehen, die stramm vor dem Chef der Marine, Nikolaj Jewmenow, aufgereiht sind. Das Treffen soll in Sewastopol auf der annektierten Krim-Halbinsel stattgefunden haben.
Es wären die ersten Bilder, auf denen mutmaßliche Besatzungsmitglieder der “Moskwa” nach dem Untergang des Schiffs am Donnerstag zu sehen sind. Das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte war zuvor nach ukrainischen Angaben mit Raketen beschossen worden. Moskau bestätigte diese Angaben nicht und erklärte, dass an Bord Munition explodiert sei. Das Schicksal der über 500 Besatzungsmitglieder der “Moskwa” war zunächst unklar.
Unterdessen spitzt sich der Streit um den geplatzten Besuch von Frank-Walter Steinmeier in Kiew zu. Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) verteidigte den Bundespräsidenten und griff den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk scharf an. Steinmeier habe als früherer Außenminister gemeinsam mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) “mehr als alle anderen in Europa” dafür getan, die Ukraine zu unterstützen, schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag für den “Spiegel”.
Botschafter Melnyk hatte Steinmeier in einem Interview unter anderem vorgeworfen, “seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft” zu haben. “Spinnennetze dienen bekanntlich dem Fang und der anschließenden Verwertung der Beute”, schrieb dazu Gabriel. “Auf den Punkt gebracht insinuiert dieser Vergleich, dass der frühere Kanzleramts- und Außenminister die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert habe. Das ist wahrheitswidrig und bösartig.”
Melnyk reagierte umgehend: Bösartig sei vor allem die “jahrelange Putin-freundliche Politik” gewesen, die Gabriel und seine “SPD-Kumpane” geführt hätten, schrieb er auf Twitter. Diese habe “den barbarischen Vernichtungskrieg” gegen die Ukraine “erst herbeigeführt”, fügte “Melnyk hinzu. “Die Aufarbeitung kommt noch. Shame on you” (deutsch: Schämen Sie sich).
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, nahm auch Stellung zur Debatte über die Ostermärsche in Deutschland. Diese hätten weder etwas mit Ostern noch mit dem Frieden zu tun. Melnyk zufolge finden die Ostermärsche in einer “Parallelwelt” statt.
Seit Donnerstag gehen in zahlreichen deutschen Städten Menschen für Frieden und Abrüstung auf die Straße. Sie protestieren in diesem Jahr insbesondere gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, kritisieren aber auch Aufrüstung und Waffenlieferungen. Die Ostermärsche enden am Montag.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drängt die EU-Länder zu schnellen Waffenlieferungen an die Ukraine. “Für alle Mitgliedstaaten gilt, wer kann, sollte schnell liefern, denn nur dann kann die Ukraine in ihrem akuten Abwehrkampf gegen Russland bestehen”, sagte von der Leyen der “Bild am Sonntag”.
“Ich unterscheide nicht zwischen schweren und leichten Waffen”, fügte die CDU-Politikerin hinzu. “Die Ukraine muss das bekommen, was sie zur Verteidigung braucht und was sie handhaben kann.”
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
haz/hf/fab/ (dpa, rtr)
Das Wichtigste in Kürze:
Die in der Hafenstadt Mariupol kämpfenden ukrainischen Truppen wollen sich nach Angaben Russlands nicht ergeben. Die Einheiten, darunter 400 ausländische Söldner, hätten sich in dem Stahlwerk Asowstal verschanzt, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Die Regierung in Kiew habe ihnen untersagt, die Waffen niederzulegen.
Selenskyj droht mit Gesprächsstopp
Zuvor hatte Moskau ein Ultimatum gestellt und den Soldaten im Fall einer Kapitulation zugesichert, sie würden am Leben bleiben. “Im Fall einer weiteren Gegenwehr werden sie alle vernichtet”, sagte Konaschenkow. Nach russischen Angaben sollen in dem Werk etwa 2500 Kämpfer sein, die die Stadt gegen eine komplette Eroberung verteidigen wollen. Aus Kiew gab es dazu keine Angaben. Nach Kremlinformationen steht Mariupol mittlerweile fast vollständig unter russischer Kontrolle.
Der Fall von Mariupol würde dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge das endgültige Aus der Gespräche mit Russland zur Folge haben. Für beide Seiten wäre dies eine “Sackgasse, denn wir verhandeln weder über unsere Territorien noch über unsere Leute”, sagte er.
Mariupol wird seit den ersten Tagen nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar belagert. Inzwischen ist die einst über 400.000 Einwohner zählende Stadt im Südosten weitgehend zerstört, die humanitäre Lage ist katastrophal. Selenskyj sprach kürzlich von zehntausenden Toten durch die Belagerung. Außerdem warf er Russland erneut vor, keine Fluchtkorridore zuzulassen.
In der Nähe der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist in dem Ort Browary nach Behördenangaben bei einem russischen Raketenangriff ein Teil der Infrastruktur getroffen worden. Es könne zu Unterbrechungen bei der Wasser- und Stromversorgung kommen, sagte Bürgermeister Ihor Sapaschko. Nach russischen Angaben wurde eine Munitionsfabrik zerstört.
Angebliches Video von “Moskwa”-Besatzung
In der Hauptstadt Kiew teilten die Behörden mit, dass es dort ruhig geblieben sei – abgesehen vom Luftalarm. Anders als am Vortag habe es keine neuen Explosionen gegeben.
Ex-Außenminister Gabriel stärkt Steinmeiner den Rücken
Die ukrainische Regierung hat für Sonntag die Schließung der Fluchtkorridore aus den umkämpften Gebieten im Osten des Landes angekündigt. Es sei nicht gelungen, mit der russischen Armee eine Feuerpause für die Evakuierungsrouten zu vereinbaren, teilte die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk auf Telegram mit. “Wir scheuen keine Mühe, damit die humanitären Korridore so schnell wie möglich wieder geöffnet werden können.”
Das russische Verteidigungsministerium hat ein Video veröffentlicht, das angeblich ein Treffen zwischen dem Chef der Marine und den Überlebenden des im Schwarzen Meer gesunkenen Kriegsschiffs “Moskwa” zeigt. In dem etwa 30 Sekunden langen Video sind einige Dutzend Männer in Marineuniform zu sehen, die stramm vor dem Chef der Marine, Nikolaj Jewmenow, aufgereiht sind. Das Treffen soll in Sewastopol auf der annektierten Krim-Halbinsel stattgefunden haben.
Es wären die ersten Bilder, auf denen mutmaßliche Besatzungsmitglieder der “Moskwa” nach dem Untergang des Schiffs am Donnerstag zu sehen sind. Das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte war zuvor nach ukrainischen Angaben mit Raketen beschossen worden. Moskau bestätigte diese Angaben nicht und erklärte, dass an Bord Munition explodiert sei. Das Schicksal der über 500 Besatzungsmitglieder der “Moskwa” war zunächst unklar.
Melnyk: Ostermärsche sind Parallelwelt
Unterdessen spitzt sich der Streit um den geplatzten Besuch von Frank-Walter Steinmeier in Kiew zu. Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) verteidigte den Bundespräsidenten und griff den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk scharf an. Steinmeier habe als früherer Außenminister gemeinsam mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) “mehr als alle anderen in Europa” dafür getan, die Ukraine zu unterstützen, schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag für den “Spiegel”.
Botschafter Melnyk hatte Steinmeier in einem Interview unter anderem vorgeworfen, “seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft” zu haben. “Spinnennetze dienen bekanntlich dem Fang und der anschließenden Verwertung der Beute”, schrieb dazu Gabriel. “Auf den Punkt gebracht insinuiert dieser Vergleich, dass der frühere Kanzleramts- und Außenminister die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert habe. Das ist wahrheitswidrig und bösartig.”
Von der Leyen: “Wer kann, sollte schnell liefern”
Melnyk reagierte umgehend: Bösartig sei vor allem die “jahrelange Putin-freundliche Politik” gewesen, die Gabriel und seine “SPD-Kumpane” geführt hätten, schrieb er auf Twitter. Diese habe “den barbarischen Vernichtungskrieg” gegen die Ukraine “erst herbeigeführt”, fügte “Melnyk hinzu. “Die Aufarbeitung kommt noch. Shame on you” (deutsch: Schämen Sie sich).
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, nahm auch Stellung zur Debatte über die Ostermärsche in Deutschland. Diese hätten weder etwas mit Ostern noch mit dem Frieden zu tun. Melnyk zufolge finden die Ostermärsche in einer “Parallelwelt” statt.
Seit Donnerstag gehen in zahlreichen deutschen Städten Menschen für Frieden und Abrüstung auf die Straße. Sie protestieren in diesem Jahr insbesondere gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, kritisieren aber auch Aufrüstung und Waffenlieferungen. Die Ostermärsche enden am Montag.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drängt die EU-Länder zu schnellen Waffenlieferungen an die Ukraine. “Für alle Mitgliedstaaten gilt, wer kann, sollte schnell liefern, denn nur dann kann die Ukraine in ihrem akuten Abwehrkampf gegen Russland bestehen”, sagte von der Leyen der “Bild am Sonntag”.
“Ich unterscheide nicht zwischen schweren und leichten Waffen”, fügte die CDU-Politikerin hinzu. “Die Ukraine muss das bekommen, was sie zur Verteidigung braucht und was sie handhaben kann.”
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
haz/hf/fab/ (dpa, rtr)