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Die Krisenmanagerin – Elisabeth Borne wird französische Premierministerin

Nach langer Überlegung ernannte Präsident Emmanuel Macron Arbeitsministerin Elisabeth Borne zur neuen Regierungschefin. Sie ist erst die zweite Frau in diesem Amt und wird vor allem als Krisenmanagerin gebraucht.

Ihre Ernennung widmete Elisabeth Borne “allen kleinen Mädchen” in Frankreich, die sie ermahnte, “immer bis ans Ende zu gehen”. Was in vielen europäischen Ländern längst normal ist, sorgt in Frankreich immer noch für Aufmerksamkeit: Die bisherige Arbeitsministerin der Regierung Macron ist erst die zweite Frau, die zur Premierministerin ernannt wird. Vor 30 Jahren hatte Edith Cresson unter Präsident Francois Mitterand das Amt kurz inne, und sie sprach in der Sonntagszeitung “Journal de Dimanche” jetzt mit Bitterkeit von ihrer Erfahrung: “Nicht das Land ist machistisch, die politische Klasse ist es”.

Das Frankreich der 1990er Jahre ist nicht vergleichbar mit dem von Emmanuel Macron, der schon im Wahlkampf angekündigt hatte, er wolle unbedingt eine Frau als Premierministerin. Mit den Widerständen und der Missachtung von damals wird Elisabeth Borne sich nicht mehr auseinandersetzen müssen. Aber warum brauchte der Präsident die Rekordzeit von drei Wochen, um sie endlich für das Regierungsamt zu benennen? In dieser Zeit kursierten mindestens ein halbes dutzend Namen, von der Chefin der EZB Christine Lagarde über die amtierende Umweltministerin, die stellvertretende Vorsitzende der Nationalversammlung und eine ganze Reihe weiterer Politikerinnen. Es folgte ein fröhliches Raten der Kandidatin, das der Neuen den Start ins Amt nicht unbedingt erleichtert.

Ihre Ernennung widmete Elisabeth Borne “allen kleinen Mädchen” in Frankreich, die sie ermahnte, “immer bis ans Ende zu gehen”. Was in vielen europäischen Ländern längst normal ist, sorgt in Frankreich immer noch für Aufmerksamkeit: Die bisherige Arbeitsministerin der Regierung Macron ist erst die zweite Frau, die zur Premierministerin ernannt wird. Vor 30 Jahren hatte Edith Cresson unter Präsident Francois Mitterand das Amt kurz inne, und sie sprach in der Sonntagszeitung “Journal de Dimanche” jetzt mit Bitterkeit von ihrer Erfahrung: “Nicht das Land ist machistisch, die politische Klasse ist es”.

Am Ende entschied sich Macron für eine Frau, die als Technokratin gilt, die viel Erfahrung mit dem Regierungsapparat hat und die so wenig charismatisch und kommunikationsfreudig ist, dass sie dem Präsidenten nicht das Wasser abgraben wird, wie Ruth Elkrief, Doyenne unter den französischen Fernsehkommentatorinnen, zu Bornes Amtseinführung beim Sender LCI spöttisch anmerkte. 

Warum Elisabeth Borne?

Elisabeth Borne studierte Ingenieurwissenschaften und stieg zur Strategiechefin der Eisenbahn SNCF auf – als erste Frau in diesem Posten. Später arbeitete sie für die gescheiterte sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal im Umweltministerium und folgte ihr als Präfektin der Region Poitou Charentes nach. 2017 wurde sie zunächst Transport-, dann Umwelt- und schließlich Arbeitsministerin im Kabinett von Emmanuel Macron.

Sie gilt als Aktenfresserin, ernsthaft und detailversessen – Attribute, die ihr in ihrem neuen Amt zugute kommen werden. Denn in Frankreich ist der Präsident für die großen Pläne und großen Reden zuständig – die Regierungschefin muss seine Politik sowohl umsetzen als auch die daraus entstehenden Krisen meistern. Und da stehen ihr angesichts der Fülle von Konflikten und Reformplänen in Frankreich harte Jahre bevor.

Elisabeth Borne wird der gemäßigten Linken, also den früheren Sozialisten zugerechnet, was den Ausschlag für ihre Ernennung gegeben haben soll. Es geht um wahltaktische Gründe, denn Emmanuel Macron sieht sich bei der Parlamentswahl im Juni von einer vereinigten Linken unter Führung von Jean-Luc Mélenchon bedroht, der Teile der Grünen und der früheren Sozialisten hinter seiner linksextremen Ideologie versammeln konnte.

Mélenchon aber reagierte auf die Ernennung der neuen Premierministerin ungewöhnlich aggressiv:

“Eine neue Saison der sozialen und ökologischen Misshandlung beginnt. Elisabeth Borne verkörpert die politische Kontinuität des Präsidenten. Sie ist eine der härtesten Figuren bei der sozialen Misshandlung durch Macron”.

Meint ihr Widersacher dabei Bornes Arbeit als Transportministerin und die Privatisierung der Eisenbahn SNCF oder die Einführung einer Lehrlingsausbildung für Jugendliche, die sie als Arbeitsministerin umsetzte? Verblüffend, dass von der extremen Rechten ganz ähnliche Töne kommen:

“Indem er Elisabeth Borne zur Premierministerin ernannt hat zeigt Emmanuel Macron seine Unfähigkeit zur Einigung (des Landes) und dass er seine Politik der Verachtung fortsetzen will, der Zerstörung des Staates, der sozialen Zertrümmerung, der fiskalischen Erpressung und der Nachlässigkeit”.

Marine Le Pen als gescheiterte Präsidentschaftskandidatin der extremen Rechten scheint der neuen Premierministerin mit ähnlichem Hass zu begegnen wie ihr Gegenspieler auf der extremen Linken. Der Ton in der französischen Politik jedenfalls ist rauh.

Die erste Amtshandlung von Elisabeth Born wird die Ausarbeitung des Kaufkraftausgleichs angesichts steigender Preise auch in Frankreich. Dazu gehören eine Deckelung bei der Strom- und Gasrechnung wie die Verlängerung der Steuersenkung für Benzin. Emmanuel Macron hatte solche Hilfen im Wahlkampf versprochen und diese Verteilung von Wohltaten kann in den nächsten Wochen, bis zur Parlamentswahl im Juni, noch nützlich sein.

Aber danach wird der politische Anstieg steil. Zu Elisabeth Bornes zentralen Aufgaben soll der ökologische Umbau Frankreichs gehören. Der kostet einerseits viel Geld, ist aber angesichts einer massiv steigenden Staatsverschuldung schwer zu finanzieren und verlangt den Franzosen andererseits Opfer ab, was schnell zu neuen Protestwellen führen kann. Ausgerechnet eine Ökoumlage bei der Benzinsteuer hatte 2018 zur Entstehung der Gelbwestenproteste  geführt. Die Premierministerin wird die ihr nachgesagte Hartnäckigkeit brauchen, um Bewegung in den Umweltschutz zu bringen. 

Ihre härteste Aufgabe aber wird die Pensionsreform. Auch wenn im Rest Europas die angekündigte langsame Erhöhung des Pensionsalters auf 65 Jahre wie absurdes Kino erscheint – in Deutschland etwa liegt es längst bei 67 Jahren – sind in Frankreich Streiks und Straßenkämpfe programmiert, wenn dieser Gesetzentwurf auf den Tisch kommt.

Aber es gibt weit mehr sozialen Sprengstoff in der zweiten Amtszeit Macron: Die jüngsten Wahlen mit dem starken Abschneiden der extremen Linken einerseits und der extremen Rechten andererseits zeigen eine tief gespaltene Nation. Die Landbevölkerung fühlt sich von Kultur und Diskurs der Städter ausgestoßen und im teuersten Sozialstaat Europas herrscht bei vielen Franzosen ein tiefes Gefühl der sozialen Ungerechtigkeit. Der Präsident hat versprochen, er wolle für alle Franzosen regieren. Aber es ist die neue Regierungschefin, die in den Niederungen des Alltags dafür sorgen muss, dass seine Reformen umgesetzt werden und das Land nicht noch weiter auseinanderreißt.

Frankreich Präsidentschaftswahl | Jubel Macron-Anhänger
Frankreich Macron und Melenchon

Ihre Ernennung widmete Elisabeth Borne “allen kleinen Mädchen” in Frankreich, die sie ermahnte, “immer bis ans Ende zu gehen”. Was in vielen europäischen Ländern längst normal ist, sorgt in Frankreich immer noch für Aufmerksamkeit: Die bisherige Arbeitsministerin der Regierung Macron ist erst die zweite Frau, die zur Premierministerin ernannt wird. Vor 30 Jahren hatte Edith Cresson unter Präsident Francois Mitterand das Amt kurz inne, und sie sprach in der Sonntagszeitung “Journal de Dimanche” jetzt mit Bitterkeit von ihrer Erfahrung: “Nicht das Land ist machistisch, die politische Klasse ist es”.

Das Frankreich der 1990er Jahre ist nicht vergleichbar mit dem von Emmanuel Macron, der schon im Wahlkampf angekündigt hatte, er wolle unbedingt eine Frau als Premierministerin. Mit den Widerständen und der Missachtung von damals wird Elisabeth Borne sich nicht mehr auseinandersetzen müssen. Aber warum brauchte der Präsident die Rekordzeit von drei Wochen, um sie endlich für das Regierungsamt zu benennen? In dieser Zeit kursierten mindestens ein halbes dutzend Namen, von der Chefin der EZB Christine Lagarde über die amtierende Umweltministerin, die stellvertretende Vorsitzende der Nationalversammlung und eine ganze Reihe weiterer Politikerinnen. Es folgte ein fröhliches Raten der Kandidatin, das der Neuen den Start ins Amt nicht unbedingt erleichtert.

Warum Elisabeth Borne?

Am Ende entschied sich Macron für eine Frau, die als Technokratin gilt, die viel Erfahrung mit dem Regierungsapparat hat und die so wenig charismatisch und kommunikationsfreudig ist, dass sie dem Präsidenten nicht das Wasser abgraben wird, wie Ruth Elkrief, Doyenne unter den französischen Fernsehkommentatorinnen, zu Bornes Amtseinführung beim Sender LCI spöttisch anmerkte. 

Elisabeth Borne studierte Ingenieurwissenschaften und stieg zur Strategiechefin der Eisenbahn SNCF auf – als erste Frau in diesem Posten. Später arbeitete sie für die gescheiterte sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal im Umweltministerium und folgte ihr als Präfektin der Region Poitou Charentes nach. 2017 wurde sie zunächst Transport-, dann Umwelt- und schließlich Arbeitsministerin im Kabinett von Emmanuel Macron.

Sie gilt als Aktenfresserin, ernsthaft und detailversessen – Attribute, die ihr in ihrem neuen Amt zugute kommen werden. Denn in Frankreich ist der Präsident für die großen Pläne und großen Reden zuständig – die Regierungschefin muss seine Politik sowohl umsetzen als auch die daraus entstehenden Krisen meistern. Und da stehen ihr angesichts der Fülle von Konflikten und Reformplänen in Frankreich harte Jahre bevor.

Elisabeth Borne wird der gemäßigten Linken, also den früheren Sozialisten zugerechnet, was den Ausschlag für ihre Ernennung gegeben haben soll. Es geht um wahltaktische Gründe, denn Emmanuel Macron sieht sich bei der Parlamentswahl im Juni von einer vereinigten Linken unter Führung von Jean-Luc Mélenchon bedroht, der Teile der Grünen und der früheren Sozialisten hinter seiner linksextremen Ideologie versammeln konnte.

Wer ist Elisabeth Borne?

Mélenchon aber reagierte auf die Ernennung der neuen Premierministerin ungewöhnlich aggressiv:

Ist die Premierministerin links oder rechts oder nur Macronistin? 

“Eine neue Saison der sozialen und ökologischen Misshandlung beginnt. Elisabeth Borne verkörpert die politische Kontinuität des Präsidenten. Sie ist eine der härtesten Figuren bei der sozialen Misshandlung durch Macron”.

Meint ihr Widersacher dabei Bornes Arbeit als Transportministerin und die Privatisierung der Eisenbahn SNCF oder die Einführung einer Lehrlingsausbildung für Jugendliche, die sie als Arbeitsministerin umsetzte? Verblüffend, dass von der extremen Rechten ganz ähnliche Töne kommen:

“Indem er Elisabeth Borne zur Premierministerin ernannt hat zeigt Emmanuel Macron seine Unfähigkeit zur Einigung (des Landes) und dass er seine Politik der Verachtung fortsetzen will, der Zerstörung des Staates, der sozialen Zertrümmerung, der fiskalischen Erpressung und der Nachlässigkeit”.

Schwere Aufgaben und aufziehende Krisen

Marine Le Pen als gescheiterte Präsidentschaftskandidatin der extremen Rechten scheint der neuen Premierministerin mit ähnlichem Hass zu begegnen wie ihr Gegenspieler auf der extremen Linken. Der Ton in der französischen Politik jedenfalls ist rauh.

Die erste Amtshandlung von Elisabeth Born wird die Ausarbeitung des Kaufkraftausgleichs angesichts steigender Preise auch in Frankreich. Dazu gehören eine Deckelung bei der Strom- und Gasrechnung wie die Verlängerung der Steuersenkung für Benzin. Emmanuel Macron hatte solche Hilfen im Wahlkampf versprochen und diese Verteilung von Wohltaten kann in den nächsten Wochen, bis zur Parlamentswahl im Juni, noch nützlich sein.

Aber danach wird der politische Anstieg steil. Zu Elisabeth Bornes zentralen Aufgaben soll der ökologische Umbau Frankreichs gehören. Der kostet einerseits viel Geld, ist aber angesichts einer massiv steigenden Staatsverschuldung schwer zu finanzieren und verlangt den Franzosen andererseits Opfer ab, was schnell zu neuen Protestwellen führen kann. Ausgerechnet eine Ökoumlage bei der Benzinsteuer hatte 2018 zur Entstehung der Gelbwestenproteste  geführt. Die Premierministerin wird die ihr nachgesagte Hartnäckigkeit brauchen, um Bewegung in den Umweltschutz zu bringen. 

Ihre härteste Aufgabe aber wird die Pensionsreform. Auch wenn im Rest Europas die angekündigte langsame Erhöhung des Pensionsalters auf 65 Jahre wie absurdes Kino erscheint – in Deutschland etwa liegt es längst bei 67 Jahren – sind in Frankreich Streiks und Straßenkämpfe programmiert, wenn dieser Gesetzentwurf auf den Tisch kommt.

Aber es gibt weit mehr sozialen Sprengstoff in der zweiten Amtszeit Macron: Die jüngsten Wahlen mit dem starken Abschneiden der extremen Linken einerseits und der extremen Rechten andererseits zeigen eine tief gespaltene Nation. Die Landbevölkerung fühlt sich von Kultur und Diskurs der Städter ausgestoßen und im teuersten Sozialstaat Europas herrscht bei vielen Franzosen ein tiefes Gefühl der sozialen Ungerechtigkeit. Der Präsident hat versprochen, er wolle für alle Franzosen regieren. Aber es ist die neue Regierungschefin, die in den Niederungen des Alltags dafür sorgen muss, dass seine Reformen umgesetzt werden und das Land nicht noch weiter auseinanderreißt.

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