Kultur

Das Ende von Bollywood?

Bollywood galt hierzulande lange als Synonym für indisches Kino. Doch das Mainstream-Hindi-Kino ist nicht mehr der Platzhirsch, der es einmal war.

Vom 20. bis zum 24. Juli findet das Indische Filmfestival in Stuttgart erstmals seit 2019 wieder als Präsenzfestival statt. Bis 2011 hatte es den Titel “Bollywood & Beyond”. Seit 2012 wird auf den Slogan verzichtet. Kein Zufall, denn indisches Kino bedeutet weit mehr als Hindi-Kino und Mainstream.

“Bollywood” ist eine Zusammensetzung aus den Begriffen Bombay (dem alten Namen der indischen Hauptstadt Mumbai) und Hollywood. Ein Filmkritiker erfand die Wortkreuzung in den 1970er-Jahren, um das Phänomen einer der erfolgreichsten Kinoindustrien der Welt auch für Menschen aus dem Westen begreifbar zu machen. Im Grunde beschreibt Bollywood nichts anderes als das Hindi-Kino, also Filme, die in der Sprache Hindi gedreht werden. In Indien gibt es neben Hindi mehr als 120 weitere Sprachen, darunter Urdu, Malayalam, Tamil, Sanskrit oder Bengali. Viele der größeren indischen Sprachen haben jeweils eine eigene Filmgeschichte bzw. -industrie.

Vom 20. bis zum 24. Juli findet das Indische Filmfestival in Stuttgart erstmals seit 2019 wieder als Präsenzfestival statt. Bis 2011 hatte es den Titel “Bollywood & Beyond”. Seit 2012 wird auf den Slogan verzichtet. Kein Zufall, denn indisches Kino bedeutet weit mehr als Hindi-Kino und Mainstream.

Tatsächlich produziert der südasiatische Subkontinent im Ländervergleich die meisten Filme weltweit; bei den mehr als 1000 Produktionen im Jahr ist das Hindi-Kino am stärksten vertreten. Die indische Filmbranche erwirtschaftet knapp zwei Milliarden US-Dollar im Jahr, und die Einspielergebnisse indischer Filme in Indien sind proportional vergleichbar mit jenen von Hollywoodfilmen in den USA. Daher spielen US-Produktionen, die anderswo in der Welt Maßstäbe setzen, in Indien traditionell überhaupt keine Rolle.

Größte Anzahl an Filmen weltweit

Die Hindi-Filmindustrie entstand in den 1930er-Jahren in Mumbai und hatte ihre erste Blütezeit in den 1960er- und 1970er-Jahren. Bollywood-Filme sind in Sachen Genre so vielseitig, dass sich “Bollywood” nicht mit wenigen Worten definieren lässt. Neben Liebesfilmen gibt es auch Dramen oder Actionstreifen. Letztendlich aber haben fast alle einen gemeinsamen Nenner: Sie sind über drei Stunden lang und haben eine Pause, in den meisten wird gesungen und getanzt. 

Über die Jahrzehnte entwickelte sich in im Hindi-Kino eine gewisse Erfolgsformel. Teil davon sind die neun Rasas, die traditionellen Elemente indischer Kunst, die die wichtigsten menschlichen Gefühle widerspiegeln sollen: Liebe, Komik, Pathos, Heldentum, Wut, Schrecken, Ekel, Wundersames und Friedvolles. Bollywood-Produzentinnen und -Produzenten verstehen es meisterhaft, filmische Genres zu mischen: Ein Bollywood-Film kann eine wahre Achterbahn der Gefühle sein: Tragik und Komik wechseln sich genauso ab wie Action und Romantik. Im Kern geht es fast immer um die Liebe – sei es die romantische, freundschaftliche oder familiäre Liebe.

Ein weiterer Erfolgsfaktor waren die Stars, die das Bollywood-Kino jahrzehntelang vorantrieben. In den Neunzigern und Zweitausendern waren außerhalb Indiens vor allem die “drei Khans” bekannt: Sha Rukh Khan, Ameer Khan und Salman Khan (nicht miteinander verwandt). Das Bollywood-Kino war fest in den Händen von Schauspielstars, die gleichzeitig Produzenten der größten Blockbuster waren. Drehbuchautorinnen und -autoren sowie Filmemacherinnen und Filmemacher hatten zur Blütezeit von Bollywood vergleichsweise wenig zu sagen. 

2001 war ein entscheidendes Jahr für das indische Kino – und im Leben von Stephan Holl. Gemeinsam mit seiner Frau Antoinette Koester ist Holl Inhaber des Kölner Filmverleihs Rapid Eye Movies. Aufgrund ihrer Faszination für das indische Kino entschieden sie sich dafür, indische Filme in Deutschland und Europa zu verleihen. Damit gingen sie damals ein großes Wagnis ein – und trafen gleichzeitig eine Entscheidung, die den Erfolg des indischen Kinos außerhalb Asiens entscheidend förderte. Rapid Eye Movies, eigentlich ein Arthouse-Verleih, war so mit verantwortlich für eine regelrechte Bollywood-Welle, die kurze Zeit später in ganz Europa stattfand.

“Wir haben Bollywood-Filme nach Deutschland gebracht und auch indisches Autorenkino, Indie-Filme. Bollywood hatte damals 95% Marktanteil in Indien”, so Stephan Holl gegenüber der DW. “Darunter waren auch die frühen Filme mit Shah Rukh Khan, echte Evergreens, die die Leute geliebt haben. Die Bollywood-Formel wurde eigentlich definiert von diesen Filmen.” Das Erfolgsgeheimnis von Rapid Eye Movies ist neben der Auswahl der richtigen Filme eine liebevolle deutsche Synchronisation mit festen Besetzungen, künstlerisch hochwertiges Design und kluge Vermarktung. 2004 ging der Privatsender RTL2 eine Kooperation mit dem Verleih ein und räumte seinen Freitagabend für Bollywood frei – der Bollywood-Boom war in vollem Gange, Kinopremieren wurden zu regelrechten Partys für die ganze Familie. 

Doch die höchst erfolgreiche “Bollywood”-Formel ist es auch, die immer wieder zu Kritik am Mainstream-Kino führt: immer mehr Macht in den Händen weniger Superstars, zu wenige weibliche Produzenten und Regisseurinnen. Und auch inhaltlich erschöpft sich das Hindi-Mainstream-Kino: immer wiederkehrende Motive, eine Fixierung auf heteronormative Themen. Anfang der 2010er-Jahre spiegelt sich das auch in den Einspielergebnissen: Es gibt die ersten großen Flops. “Das Altbewährte funktionierte nicht mehr, es gab eine große Verunsicherung”, so Stephan Holl. “Die Krise war hausgemacht, man hat sich zu sehr darauf verlassen, dass die Stars es schon richten werden. Aber die Filme wurden immer hohler und formelhafter. Die Geschichten wurden vernachlässigt.”

Jetzt sahen die unabhängigen Filmemacherinnen und Filmemacher ihre Chance. Und sie nutzten sie: “Plötzlich gab es viel mehr Filmemacherinnen oder auch Filme ohne Stars, die eine gute Geschichte hatten und die funktionierten, die mit viel kleineren Budgets auskamen. Das hat vielleicht zu einem Umdenken geführt bei den Produzenten. Die Autorenfilmer betraten die Bühne, plötzlich gab es Filme in Cannes.” Einer von ihnen ist Anurag Kashyap, der Regie führt, produziert und Drehbücher schreibt. Seine Filme sind teilweise ungewöhnlich düster für Bollywood. Bedeutet dies das endgültige Aus für den klassischen Bollywood-Mainstream?

Anu Singh, indische Filmemacherin, preisgekrönte Journalistin und Drebuchautorin, würde heute nicht von einer Krise des Mainstream-Kinos sprechen. “Einige der größten Blockbuster gab es in den letzten sieben Jahren, wie ‘Dangal’, ‘Sanju’ oder den vergleichsweise ‘kleinen’ Film ‘Secret Superstar'”, so Singh gegenüber der DW. Sie sieht vielmehr in der Corona-Pandemie und im großen Erfolg der Streamingdienste eine Gefahr für das klassische indische Mainstream-Kino. Dazu komme der wachsende Erfolg des “South Indian Cinema”, des südindischen Films, mit Produktionen wie ‘Pushpa’ und ‘RRR’. 

Genau in dieser Diversifizierung liegt laut Anu Singh auch die große Chance für das indische Kino: “Die Veränderungen haben dazu geführt, dass es zu mutigen Kollaborationen kam. Der Mainstream öffnet sich anderen Sprachen, Bollywood ist nicht mehr nur Hindi-Kino. Es bedeutet auch Übertragung in andere Lebenswelten und Anpassung. Wenn der sogenannte Mainstream von kleineren Strömungen lernen kann, wird er dadurch reicher.”

Ähnlich wie Stephan Holl sieht auch Anu Singh die Zukunft von Bollywood in mehr Diversität – sowohl in den Themen als auch in den Besetzungen. Doch oft fehle es noch an Klarheit und Überzeugung: “Wir ringen immer noch damit, was für Geschichten wir heute eigentlich erzählen wollen, um die Fantasie eines sich ständig ändernden Publikums anregen zu können.” Und dieses kenne nicht mehr nur die besten indischen Filme, sondern sei dank der Streamingdienste global angedockt. Daher sei sie als Drehbuchautorin mehr gefragt als zuvor, denn es herrsche ein großer Bedarf an neuen Stimmen, Erzählweisen und Perspektiven. “Es gibt viele neue Möglichkeiten. Und Serien und lange Formate sind genau das, was Schriftsteller beherrschen. All das verändert sich zugunsten der Autorinnen und Autoren.”

Die Erfolge der Streamingdienste und die großen Veränderungen in den Vertriebsstrukturen sind auch einer der Gründe, warum Rapid Eye Movies seit einigen Jahren keine indischen Filme mehr verleiht, doch Stephan Holl verfolgt die Szene nach wie vor als Fan: “Ich gucke mir das alles an, aber nicht auf Netflix. Das gehört auf die große Leinwand. Wenn etwas ein gemeinschaftliches Erlebnis ist, dann ganz sicher diese Filme. Das ist kein andächtiges Zuschauen, sondern Feiern und Mitgehen.”

Eine Frau (Kajol Devgan) hält einen Mann (Sha Rukh Khan) von hinten fest, beide sind umhüllt von einem Teil des Saris in einer Szene von Dilwale
Szene aus dem Film Dil Se: eine tanzende Frau in traditioneller indischer Kleidung, hinter ihr tanzende Männer
Farah Khan mit Sonnenbrille, formt ein Symbol mit ihren Fingern

Vom 20. bis zum 24. Juli findet das Indische Filmfestival in Stuttgart erstmals seit 2019 wieder als Präsenzfestival statt. Bis 2011 hatte es den Titel “Bollywood & Beyond”. Seit 2012 wird auf den Slogan verzichtet. Kein Zufall, denn indisches Kino bedeutet weit mehr als Hindi-Kino und Mainstream.

“Bollywood” ist eine Zusammensetzung aus den Begriffen Bombay (dem alten Namen der indischen Hauptstadt Mumbai) und Hollywood. Ein Filmkritiker erfand die Wortkreuzung in den 1970er-Jahren, um das Phänomen einer der erfolgreichsten Kinoindustrien der Welt auch für Menschen aus dem Westen begreifbar zu machen. Im Grunde beschreibt Bollywood nichts anderes als das Hindi-Kino, also Filme, die in der Sprache Hindi gedreht werden. In Indien gibt es neben Hindi mehr als 120 weitere Sprachen, darunter Urdu, Malayalam, Tamil, Sanskrit oder Bengali. Viele der größeren indischen Sprachen haben jeweils eine eigene Filmgeschichte bzw. -industrie.

Größte Anzahl an Filmen weltweit

Tatsächlich produziert der südasiatische Subkontinent im Ländervergleich die meisten Filme weltweit; bei den mehr als 1000 Produktionen im Jahr ist das Hindi-Kino am stärksten vertreten. Die indische Filmbranche erwirtschaftet knapp zwei Milliarden US-Dollar im Jahr, und die Einspielergebnisse indischer Filme in Indien sind proportional vergleichbar mit jenen von Hollywoodfilmen in den USA. Daher spielen US-Produktionen, die anderswo in der Welt Maßstäbe setzen, in Indien traditionell überhaupt keine Rolle.

Die Hindi-Filmindustrie entstand in den 1930er-Jahren in Mumbai und hatte ihre erste Blütezeit in den 1960er- und 1970er-Jahren. Bollywood-Filme sind in Sachen Genre so vielseitig, dass sich “Bollywood” nicht mit wenigen Worten definieren lässt. Neben Liebesfilmen gibt es auch Dramen oder Actionstreifen. Letztendlich aber haben fast alle einen gemeinsamen Nenner: Sie sind über drei Stunden lang und haben eine Pause, in den meisten wird gesungen und getanzt. 

Über die Jahrzehnte entwickelte sich in im Hindi-Kino eine gewisse Erfolgsformel. Teil davon sind die neun Rasas, die traditionellen Elemente indischer Kunst, die die wichtigsten menschlichen Gefühle widerspiegeln sollen: Liebe, Komik, Pathos, Heldentum, Wut, Schrecken, Ekel, Wundersames und Friedvolles. Bollywood-Produzentinnen und -Produzenten verstehen es meisterhaft, filmische Genres zu mischen: Ein Bollywood-Film kann eine wahre Achterbahn der Gefühle sein: Tragik und Komik wechseln sich genauso ab wie Action und Romantik. Im Kern geht es fast immer um die Liebe – sei es die romantische, freundschaftliche oder familiäre Liebe.

Ein weiterer Erfolgsfaktor waren die Stars, die das Bollywood-Kino jahrzehntelang vorantrieben. In den Neunzigern und Zweitausendern waren außerhalb Indiens vor allem die “drei Khans” bekannt: Sha Rukh Khan, Ameer Khan und Salman Khan (nicht miteinander verwandt). Das Bollywood-Kino war fest in den Händen von Schauspielstars, die gleichzeitig Produzenten der größten Blockbuster waren. Drehbuchautorinnen und -autoren sowie Filmemacherinnen und Filmemacher hatten zur Blütezeit von Bollywood vergleichsweise wenig zu sagen. 

Achterbahn der Gefühle

2001 war ein entscheidendes Jahr für das indische Kino – und im Leben von Stephan Holl. Gemeinsam mit seiner Frau Antoinette Koester ist Holl Inhaber des Kölner Filmverleihs Rapid Eye Movies. Aufgrund ihrer Faszination für das indische Kino entschieden sie sich dafür, indische Filme in Deutschland und Europa zu verleihen. Damit gingen sie damals ein großes Wagnis ein – und trafen gleichzeitig eine Entscheidung, die den Erfolg des indischen Kinos außerhalb Asiens entscheidend förderte. Rapid Eye Movies, eigentlich ein Arthouse-Verleih, war so mit verantwortlich für eine regelrechte Bollywood-Welle, die kurze Zeit später in ganz Europa stattfand.

Durchbruch in Europa

“Wir haben Bollywood-Filme nach Deutschland gebracht und auch indisches Autorenkino, Indie-Filme. Bollywood hatte damals 95% Marktanteil in Indien”, so Stephan Holl gegenüber der DW. “Darunter waren auch die frühen Filme mit Shah Rukh Khan, echte Evergreens, die die Leute geliebt haben. Die Bollywood-Formel wurde eigentlich definiert von diesen Filmen.” Das Erfolgsgeheimnis von Rapid Eye Movies ist neben der Auswahl der richtigen Filme eine liebevolle deutsche Synchronisation mit festen Besetzungen, künstlerisch hochwertiges Design und kluge Vermarktung. 2004 ging der Privatsender RTL2 eine Kooperation mit dem Verleih ein und räumte seinen Freitagabend für Bollywood frei – der Bollywood-Boom war in vollem Gange, Kinopremieren wurden zu regelrechten Partys für die ganze Familie. 

Doch die höchst erfolgreiche “Bollywood”-Formel ist es auch, die immer wieder zu Kritik am Mainstream-Kino führt: immer mehr Macht in den Händen weniger Superstars, zu wenige weibliche Produzenten und Regisseurinnen. Und auch inhaltlich erschöpft sich das Hindi-Mainstream-Kino: immer wiederkehrende Motive, eine Fixierung auf heteronormative Themen. Anfang der 2010er-Jahre spiegelt sich das auch in den Einspielergebnissen: Es gibt die ersten großen Flops. “Das Altbewährte funktionierte nicht mehr, es gab eine große Verunsicherung”, so Stephan Holl. “Die Krise war hausgemacht, man hat sich zu sehr darauf verlassen, dass die Stars es schon richten werden. Aber die Filme wurden immer hohler und formelhafter. Die Geschichten wurden vernachlässigt.”

Jetzt sahen die unabhängigen Filmemacherinnen und Filmemacher ihre Chance. Und sie nutzten sie: “Plötzlich gab es viel mehr Filmemacherinnen oder auch Filme ohne Stars, die eine gute Geschichte hatten und die funktionierten, die mit viel kleineren Budgets auskamen. Das hat vielleicht zu einem Umdenken geführt bei den Produzenten. Die Autorenfilmer betraten die Bühne, plötzlich gab es Filme in Cannes.” Einer von ihnen ist Anurag Kashyap, der Regie führt, produziert und Drehbücher schreibt. Seine Filme sind teilweise ungewöhnlich düster für Bollywood. Bedeutet dies das endgültige Aus für den klassischen Bollywood-Mainstream?

“Hausgemachte Krise”

Anu Singh, indische Filmemacherin, preisgekrönte Journalistin und Drebuchautorin, würde heute nicht von einer Krise des Mainstream-Kinos sprechen. “Einige der größten Blockbuster gab es in den letzten sieben Jahren, wie ‘Dangal’, ‘Sanju’ oder den vergleichsweise ‘kleinen’ Film ‘Secret Superstar'”, so Singh gegenüber der DW. Sie sieht vielmehr in der Corona-Pandemie und im großen Erfolg der Streamingdienste eine Gefahr für das klassische indische Mainstream-Kino. Dazu komme der wachsende Erfolg des “South Indian Cinema”, des südindischen Films, mit Produktionen wie ‘Pushpa’ und ‘RRR’. 

Genau in dieser Diversifizierung liegt laut Anu Singh auch die große Chance für das indische Kino: “Die Veränderungen haben dazu geführt, dass es zu mutigen Kollaborationen kam. Der Mainstream öffnet sich anderen Sprachen, Bollywood ist nicht mehr nur Hindi-Kino. Es bedeutet auch Übertragung in andere Lebenswelten und Anpassung. Wenn der sogenannte Mainstream von kleineren Strömungen lernen kann, wird er dadurch reicher.”

Mehr Diversifizierung

Ähnlich wie Stephan Holl sieht auch Anu Singh die Zukunft von Bollywood in mehr Diversität – sowohl in den Themen als auch in den Besetzungen. Doch oft fehle es noch an Klarheit und Überzeugung: “Wir ringen immer noch damit, was für Geschichten wir heute eigentlich erzählen wollen, um die Fantasie eines sich ständig ändernden Publikums anregen zu können.” Und dieses kenne nicht mehr nur die besten indischen Filme, sondern sei dank der Streamingdienste global angedockt. Daher sei sie als Drehbuchautorin mehr gefragt als zuvor, denn es herrsche ein großer Bedarf an neuen Stimmen, Erzählweisen und Perspektiven. “Es gibt viele neue Möglichkeiten. Und Serien und lange Formate sind genau das, was Schriftsteller beherrschen. All das verändert sich zugunsten der Autorinnen und Autoren.”

Verunsicherung in der Übergangsphase

Die Erfolge der Streamingdienste und die großen Veränderungen in den Vertriebsstrukturen sind auch einer der Gründe, warum Rapid Eye Movies seit einigen Jahren keine indischen Filme mehr verleiht, doch Stephan Holl verfolgt die Szene nach wie vor als Fan: “Ich gucke mir das alles an, aber nicht auf Netflix. Das gehört auf die große Leinwand. Wenn etwas ein gemeinschaftliches Erlebnis ist, dann ganz sicher diese Filme. Das ist kein andächtiges Zuschauen, sondern Feiern und Mitgehen.”

 Anurag Kashyap spricht bei einer Podiumsdiskussion, in der Hand ein Mikrofon

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