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Wachsender Rassismus in Brasiliens Fußball

Die Renovierung der Stadien für die WM 2014 in Brasilien hat den Fußball teurer gemacht – damit aber auch weißer und elitärer. Schwarze Zuschauer werden aus den Arenen vertrieben. Rassistische Vorfälle häufen sich.

Ein schwarzer Spieler, der vom Gegner als “Affe” bezeichnet wird, rassistische Beleidigungen aus dem Publikum, Beschimpfungen schwarzer Teammitglieder sogar durch die eigenen Fans – im brasilianischen Fußball häuften sich zuletzt Meldungen über rassistische Attacken auf Spieler und Zuschauer. Profi Edenilson von Internacional Porto Alegre berichtete, sein Gegenspieler habe ihn als Affen beschimpft, worauf er aus Protest den Namen seines Profils in den sozialen Netzwerken in “Affe Edenilson Andrade dos Santos” umänderte.

Eine ähnliche Erfahrung machte Fellipe Bastos von Goiás, der aus dem Publikum heraus auf dem Weg in die Kabine beleidigt wurde. Trainer Edinho Rosa wurde sogar Opfer von Beleidigungen aus der eigenen Anhängerschaft, außerdem berichten afrobrasilianische Fans über Verbalattacken in Stadien.

Ein schwarzer Spieler, der vom Gegner als “Affe” bezeichnet wird, rassistische Beleidigungen aus dem Publikum, Beschimpfungen schwarzer Teammitglieder sogar durch die eigenen Fans – im brasilianischen Fußball häuften sich zuletzt Meldungen über rassistische Attacken auf Spieler und Zuschauer. Profi Edenilson von Internacional Porto Alegre berichtete, sein Gegenspieler habe ihn als Affen beschimpft, worauf er aus Protest den Namen seines Profils in den sozialen Netzwerken in “Affe Edenilson Andrade dos Santos” umänderte.

Die Gründe sind vielschichtig. Historiker David Gomes sieht einen wesentlichen Faktor darin, dass das Land für die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Sommerspiele zwei Jahre später seine Stadionlandschaft radikal verändert hat. Und damit auch die Zusammensetzung des Publikums. Gomes empfiehlt im Gespräch mit der DW dazu einen Blick ins Archiv des brasilianischen Fußballs, um die dramatischen Veränderungen auf der Tribüne zu verstehen: “Wenn wir uns die großen Bilder aus dem Maracanã ansehen, wie die historischen Fotos aus den 50er Jahren bis zur Jahrhundertwende, dann sehen wir viele schwarze und arme Zuschauer auf der Tribüne.”

Neue Stadionlandschaft, anderes Publikum

Doch das änderte sich abrupt mit dem Bau neuer und der Renovierung der vorhandenen Stadien. “Es war klar, dass die Veranstaltungen wie WM und Olympia für ein komplett weißes Elitepublikum gedacht waren und nicht für das Publikum, das wir bis dahin von den Spielen der großen Vereine in Rio gewohnt waren”, sagt Gomes. Sponsoren und der Weltverband FIFA hätten ein Interesse daran gehabt, ein ökonomisches anderes Publikum anzuziehen, die Bauindustrie wollte Aufträge.

Einige der Strukturen des Rassismus seien daher durch die WM verstärkt worden, andere habe es schon vorher gegeben. “Aber aus einer Sicht der subtileren Strukturen des Rassismus hat er sich sicherlich verstärkt”, sagt Gomes und nennt ein konkretes Beispiel: “Das Hauptproblem ist die Frage der Arenen. Neben den Ticketpreisen kommen noch weitere Ausgaben hinzu: Getränke, Essen, alles ist teurer als zuvor.”

Diese Erhöhung der Gesamtkosten liege auch daran, dass die neuen Arenen irgendwie bezahlt werden müssen. “Dieser ganze Prozess endet in einer Elitisierung und mit der Vertreibung schwarzer Zuschauer aus den großen Arenen.”

Einer, der rassistische Beleidigungen bereits selbst erleben musste, ist Fußball-Profi Juninho von Vasco da Gama. Er musste sich anhören, wie Zuschauer bei einem internationalen Auswärtsspiel Affenlaute nachmachten, als er sich wegen einer Szene im Spiel beim Schiedsrichter beschwerte. “Ich verstand nicht, was passierte. Ich weiß nur, dass ich sehr traurig war. Es war ein schreckliches Erlebnis”, sagt Juninho im Gespräch mit der DW. Auch abseits des Fußballs gibt es für afrobrasilianische Spieler Erfahrungen, auf die sie gerne verzichten würden: “Einmal bin ich mit einem Rucksack ins Einkaufszentrum gegangen und Sicherheitsleute sind mir gefolgt, nur weil ich schwarz bin und einen Rucksack trug. Das war wirklich schlimm.”

 

Juninhos Erfahrungen sind bisweilen Alltag für die afrobrasilianische Bevölkerung. Der Profi will trotz dieser Erfahrungen nicht aufgeben, sich für Respekt und Gleichberechtigung stark machen. Eine Veränderung fange an, wenn sich jeder in seiner Familie und bei der Erziehung für diese Werte einsetze. “Ich werde nicht aufgeben, vor allem, weil ich für Vasco spiele, einen Verein, der sich klar gegen Rassismus positioniert.”

Inzwischen gerät auch der brasilianische Fußballverband CBF zunehmend unter Druck, entschiedener gegen den Rassismus im Fußball vorzugehen. Kolumnist Rodrigo Coutinho vom Portal UOL forderte jüngst ein drastisches Vorgehen der Verbände auf nationaler und internationaler Ebene: “Ich kann Rassismus im Fußball nicht mehr ertragen”, sagt er.

Trainer Roger Machado, einer der wenigen Afrobrasilianer, die es auf die Trainerbank eines Profi-Klubs geschafft haben, sieht den Fußball als Spiegel der Gesellschaft. “Fußball zeigt, wer wir als Gesellschaft sind. Die Präsenz der schwarzen Bevölkerung in anderen Bereichen ist der des Fußballs sehr ähnlich”, zitierte das Portal “Correio Braziliense” Machado vor wenigen Wochen.

Wenn Schwarze und Weiße versuchten, die soziale Leiter zu erklimmen, würde eine Art Filter erscheinen. Ein Filter der Ideologie, die den Rassismus erschaffen hätte und die den Schwarzen einen Zustand geringerer Intelligenz, geringerer Führungs- und Managementfähigkeiten zuschreibe. Genau jene Fähigkeiten, die von einem Fußballtrainer verlangt würden. Machado kritisierte auch den rechtspopulistischen Diskurs von Präsident Jair Bolsonaro. Mit ihm habe es eine Art Autorisierung für den Rassismus in der Gesellschaft gegeben.

Historiker David Gomes im Trikot des Vereins Vasco da Gama auf der Tribüne
Fußball-Profi Juninho vom Club Vasco da Gama beim Training

Ein schwarzer Spieler, der vom Gegner als “Affe” bezeichnet wird, rassistische Beleidigungen aus dem Publikum, Beschimpfungen schwarzer Teammitglieder sogar durch die eigenen Fans – im brasilianischen Fußball häuften sich zuletzt Meldungen über rassistische Attacken auf Spieler und Zuschauer. Profi Edenilson von Internacional Porto Alegre berichtete, sein Gegenspieler habe ihn als Affen beschimpft, worauf er aus Protest den Namen seines Profils in den sozialen Netzwerken in “Affe Edenilson Andrade dos Santos” umänderte.

Eine ähnliche Erfahrung machte Fellipe Bastos von Goiás, der aus dem Publikum heraus auf dem Weg in die Kabine beleidigt wurde. Trainer Edinho Rosa wurde sogar Opfer von Beleidigungen aus der eigenen Anhängerschaft, außerdem berichten afrobrasilianische Fans über Verbalattacken in Stadien.

Neue Stadionlandschaft, anderes Publikum

Die Gründe sind vielschichtig. Historiker David Gomes sieht einen wesentlichen Faktor darin, dass das Land für die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Sommerspiele zwei Jahre später seine Stadionlandschaft radikal verändert hat. Und damit auch die Zusammensetzung des Publikums. Gomes empfiehlt im Gespräch mit der DW dazu einen Blick ins Archiv des brasilianischen Fußballs, um die dramatischen Veränderungen auf der Tribüne zu verstehen: “Wenn wir uns die großen Bilder aus dem Maracanã ansehen, wie die historischen Fotos aus den 50er Jahren bis zur Jahrhundertwende, dann sehen wir viele schwarze und arme Zuschauer auf der Tribüne.”

Doch das änderte sich abrupt mit dem Bau neuer und der Renovierung der vorhandenen Stadien. “Es war klar, dass die Veranstaltungen wie WM und Olympia für ein komplett weißes Elitepublikum gedacht waren und nicht für das Publikum, das wir bis dahin von den Spielen der großen Vereine in Rio gewohnt waren”, sagt Gomes. Sponsoren und der Weltverband FIFA hätten ein Interesse daran gehabt, ein ökonomisches anderes Publikum anzuziehen, die Bauindustrie wollte Aufträge.

Einige der Strukturen des Rassismus seien daher durch die WM verstärkt worden, andere habe es schon vorher gegeben. “Aber aus einer Sicht der subtileren Strukturen des Rassismus hat er sich sicherlich verstärkt”, sagt Gomes und nennt ein konkretes Beispiel: “Das Hauptproblem ist die Frage der Arenen. Neben den Ticketpreisen kommen noch weitere Ausgaben hinzu: Getränke, Essen, alles ist teurer als zuvor.”

Diese Erhöhung der Gesamtkosten liege auch daran, dass die neuen Arenen irgendwie bezahlt werden müssen. “Dieser ganze Prozess endet in einer Elitisierung und mit der Vertreibung schwarzer Zuschauer aus den großen Arenen.”

Subtilere Strukturen des Rassismus gestärkt

Einer, der rassistische Beleidigungen bereits selbst erleben musste, ist Fußball-Profi Juninho von Vasco da Gama. Er musste sich anhören, wie Zuschauer bei einem internationalen Auswärtsspiel Affenlaute nachmachten, als er sich wegen einer Szene im Spiel beim Schiedsrichter beschwerte. “Ich verstand nicht, was passierte. Ich weiß nur, dass ich sehr traurig war. Es war ein schreckliches Erlebnis”, sagt Juninho im Gespräch mit der DW. Auch abseits des Fußballs gibt es für afrobrasilianische Spieler Erfahrungen, auf die sie gerne verzichten würden: “Einmal bin ich mit einem Rucksack ins Einkaufszentrum gegangen und Sicherheitsleute sind mir gefolgt, nur weil ich schwarz bin und einen Rucksack trug. Das war wirklich schlimm.”

Schlechte Erfahrungen im Einkaufszentrum

 

Juninhos Erfahrungen sind bisweilen Alltag für die afrobrasilianische Bevölkerung. Der Profi will trotz dieser Erfahrungen nicht aufgeben, sich für Respekt und Gleichberechtigung stark machen. Eine Veränderung fange an, wenn sich jeder in seiner Familie und bei der Erziehung für diese Werte einsetze. “Ich werde nicht aufgeben, vor allem, weil ich für Vasco spiele, einen Verein, der sich klar gegen Rassismus positioniert.”

Inzwischen gerät auch der brasilianische Fußballverband CBF zunehmend unter Druck, entschiedener gegen den Rassismus im Fußball vorzugehen. Kolumnist Rodrigo Coutinho vom Portal UOL forderte jüngst ein drastisches Vorgehen der Verbände auf nationaler und internationaler Ebene: “Ich kann Rassismus im Fußball nicht mehr ertragen”, sagt er.

“Ich kann Rassismus im Fußball nicht mehr ertragen”

Trainer Roger Machado, einer der wenigen Afrobrasilianer, die es auf die Trainerbank eines Profi-Klubs geschafft haben, sieht den Fußball als Spiegel der Gesellschaft. “Fußball zeigt, wer wir als Gesellschaft sind. Die Präsenz der schwarzen Bevölkerung in anderen Bereichen ist der des Fußballs sehr ähnlich”, zitierte das Portal “Correio Braziliense” Machado vor wenigen Wochen.

Wenn Schwarze und Weiße versuchten, die soziale Leiter zu erklimmen, würde eine Art Filter erscheinen. Ein Filter der Ideologie, die den Rassismus erschaffen hätte und die den Schwarzen einen Zustand geringerer Intelligenz, geringerer Führungs- und Managementfähigkeiten zuschreibe. Genau jene Fähigkeiten, die von einem Fußballtrainer verlangt würden. Machado kritisierte auch den rechtspopulistischen Diskurs von Präsident Jair Bolsonaro. Mit ihm habe es eine Art Autorisierung für den Rassismus in der Gesellschaft gegeben.

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