Wirtschaft

Wie weit die soziale Schere wirklich auseinanderklafft

Reiche werden reicher und Arme werden ärmer. Stimmt das wirklich? Eine neue Studie hat das untersucht und kommt zu überraschenden Ergebnissen.

Wie reich sind die Deutschen, wer hat viel, wer weniger und vor allem, wie stark verändern sich die Vermögensverhältnisse? Dazu gibt es immer wieder Studien, die zum Teil hohe Wellen schlagen. Oft ist der Tenor: Das Vermögen der Superreichen wächst ständig weiter, während die sozial Schwachen weiter sozial schwach bleiben. Aber klafft die soziale Schere wirklich immer weiterauseinander?

Drei Wissenschaftler – Thilo Albers, Charlotte Bartels und Moritz Schularick – haben sich den Wohlstand der Deutschen und die Vermögensentwicklung seit dem 19. Jahrhundert genauer angeschaut. Eines ihrer Ergebnisse: Die Deutschen sind reicher als bislang gedacht. Und zwar um gut 4000 Milliarden Euro.

Wie reich sind die Deutschen, wer hat viel, wer weniger und vor allem, wie stark verändern sich die Vermögensverhältnisse? Dazu gibt es immer wieder Studien, die zum Teil hohe Wellen schlagen. Oft ist der Tenor: Das Vermögen der Superreichen wächst ständig weiter, während die sozial Schwachen weiter sozial schwach bleiben. Aber klafft die soziale Schere wirklich immer weiterauseinander?

Wie sich die Vermögensverhältnisse verändern, hängt laut der Studie vom betrachteten Zeitraum ab. In den letzten hundert Jahren sind die Vermögen des reichsten Prozent der Bevölkerung nicht überproportional gestiegen. Besaßen die reichsten ein Prozent der Bevölkerung 1895 noch die Hälfte der Vermögen, besitzen sie heute nur noch 25 Prozent, also einen Viertel.

Deutsche sind reicher als gedacht

Das liegt unter anderem daran, dass viele Reiche in den beiden Weltkriegen Teile ihres Vermögens verloren haben. Viele Unternehmen und Gebäude wurden zerbombt. Außerdem verloren in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen Vermögen in Form von Immobilien, Aktien und Anleihen massiv an Wert. Auch die Hyperinflation 1923 ließ das Vermögen der Wohlhabenderen in Deutschland kräftig schrumpfen. In der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren sank zudem das Betriebsvermögen, weil viele Unternehmen an Wert verloren oder Konkurs anmelden mussten.

Einen weiteren großen Schub zur Angleichung der Vermögen brachte das sogenannte Lastenausgleichsgesetz in der Nachkriegszeit Anfang der 1950er Jahre. Wer erhebliches Vermögen durch die Weltkriege retten konnte, musste nun die Hälfte des Vermögenswertes (über 30 Jahre gestreckt) als sogenannte Lastenausgleichsabgabe in einen Ausgleichsfonds bezahlen. Mit dem Geld wurden diejenigen finanziell entschädigt, die ihr Vermögen im Krieg verloren hatten. Diese Abgabe machte Deutschland am Anfang der Nachkriegszeit zu einem der egalitärsten Länder.

Danach aber, in den vergangenen 70 Jahren, sind die Reichen zwar reicher geworden, aber auch die Mittelschicht konnte etwa genauso schnell mehr Vermögen anhäufen. Das liegt unter anderem daran, dass sich zwischen 1950 und 1980 immer mehr Menschen Wohneigentum zugelegt haben. So konnte die Mittelschicht von den ständig steigenden Immobilienpreisen profitieren.

So gesehen sind die Vermögen weniger ungleich verteilt als vor dem Ersten Weltkrieg. Derzeit haben deutsche Haushalte im Durchschnitt ein Vermögen von 420.000 Euro. Wenn man sich aber anschaut, wieviel ein Haushalt besitzt, ab dem die Hälfte aller Haushalte mehr und die andere Haushalte weniger Einkommen haben, dann kommt ein Vermögen von lediglich 120.000 Euro heraus. Darin zeigt sich: Die Vermögen sind ungleich verteilt – zugunsten der wohlhabenden Hälfte der Bevölkerung.

Während eine Hälfte der Deutschen sich also mehr leisten kann, haben die Menschen der unteren Einkommensschichten in den vergangenen vierzig Jahren nicht mehr Vermögen gebildet. Genaugenommen war das durchschnittliche Vermögen der ärmeren Hälfte der Deutschen Ende der 1970er Jahre genauso groß – oder gering – wie heute, nämlich bei rund 20.000 Euro (inflationsbereinigt). Nicht berücksichtigt sind allerdings Ansprüche aus Sozialversicherungen.

Diese Entwicklung lag daran, dass zum einen die Einkommen kaum gewachsen sind, so dass diese Bevölkerungsgruppe weniger sparen konnten als die Wohlhabenden. Zum anderen wurden die gebildeten Ersparnisse weniger in Immobilien oder Aktien angelegt, sondern eher in Sparkonten oder Lebensversicherungen mit niedrigerer Rendite gesteckt. Damit haben die sozial schwächeren Haushalte wenig Teil gehabt an der rasanten Immobilienpreisentwicklung.

Während sich die Vermögen der wohlhabenderen Hälfte der Haushalte in den letzten 25 Jahren verdoppelt haben, hatte die weniger wohlhabende Hälfte keinen Vermögenszuwachs. Der Anteil am Gesamtvermögen dieser weniger wohlhabenden Hälfte hat sich von fünf Prozent auf drei Prozent halbiert. So betrachtet hat die Vermögensungleichheit also zugenommen.

Wie aber kommt es, dass das Vermögen der Deutsche bisher unterschätzt wurde? Ein großes Problem, mit dem die drei Autorinnen und Autoren umgehen mussten, war die ungenaue Datenlage. Es ist beispielsweise schwierig, das Immobilienvermögen richtig zu gewichten. Für die Steuer werden Immobilien in Deutschland nur mit Einheitswerten erfasst, die entsprechen aber bei weitem nicht den tatsächlichen Marktwerten. Denn die Einheitswerte basieren auf den Werten des Jahres 1964 (alte Bundesländer) oder sogar 1935 (neue Bundesländer). Ballungszentren mit hohen Marktpreisen werden auf Grundlage der Einheitswerte viel zu niedrig bewertet.

Auch Betriebsvermögen insbesondere von nicht börslichen Familienunternehmen, die die Basis der deutschen Wirtschaft bilden, werden vom Statistischen Bundesamt und der Bundesbank unterbewertet und geben so ein nicht realistisches Bild der Vermögens der Wohlhabenden.

Ludwigshafen am Rhein | Zweiter Weltkrieg | Zerstörte Industrieanlagen
Berlin Rohbau mit Holzelementen

Wie reich sind die Deutschen, wer hat viel, wer weniger und vor allem, wie stark verändern sich die Vermögensverhältnisse? Dazu gibt es immer wieder Studien, die zum Teil hohe Wellen schlagen. Oft ist der Tenor: Das Vermögen der Superreichen wächst ständig weiter, während die sozial Schwachen weiter sozial schwach bleiben. Aber klafft die soziale Schere wirklich immer weiterauseinander?

Drei Wissenschaftler – Thilo Albers, Charlotte Bartels und Moritz Schularick – haben sich den Wohlstand der Deutschen und die Vermögensentwicklung seit dem 19. Jahrhundert genauer angeschaut. Eines ihrer Ergebnisse: Die Deutschen sind reicher als bislang gedacht. Und zwar um gut 4000 Milliarden Euro.

Deutsche sind reicher als gedacht

Wie sich die Vermögensverhältnisse verändern, hängt laut der Studie vom betrachteten Zeitraum ab. In den letzten hundert Jahren sind die Vermögen des reichsten Prozent der Bevölkerung nicht überproportional gestiegen. Besaßen die reichsten ein Prozent der Bevölkerung 1895 noch die Hälfte der Vermögen, besitzen sie heute nur noch 25 Prozent, also einen Viertel.

Das liegt unter anderem daran, dass viele Reiche in den beiden Weltkriegen Teile ihres Vermögens verloren haben. Viele Unternehmen und Gebäude wurden zerbombt. Außerdem verloren in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen Vermögen in Form von Immobilien, Aktien und Anleihen massiv an Wert. Auch die Hyperinflation 1923 ließ das Vermögen der Wohlhabenderen in Deutschland kräftig schrumpfen. In der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren sank zudem das Betriebsvermögen, weil viele Unternehmen an Wert verloren oder Konkurs anmelden mussten.

Einen weiteren großen Schub zur Angleichung der Vermögen brachte das sogenannte Lastenausgleichsgesetz in der Nachkriegszeit Anfang der 1950er Jahre. Wer erhebliches Vermögen durch die Weltkriege retten konnte, musste nun die Hälfte des Vermögenswertes (über 30 Jahre gestreckt) als sogenannte Lastenausgleichsabgabe in einen Ausgleichsfonds bezahlen. Mit dem Geld wurden diejenigen finanziell entschädigt, die ihr Vermögen im Krieg verloren hatten. Diese Abgabe machte Deutschland am Anfang der Nachkriegszeit zu einem der egalitärsten Länder.

Danach aber, in den vergangenen 70 Jahren, sind die Reichen zwar reicher geworden, aber auch die Mittelschicht konnte etwa genauso schnell mehr Vermögen anhäufen. Das liegt unter anderem daran, dass sich zwischen 1950 und 1980 immer mehr Menschen Wohneigentum zugelegt haben. So konnte die Mittelschicht von den ständig steigenden Immobilienpreisen profitieren.

Die beiden Weltkriege sorgen für mehr Gleichheit

So gesehen sind die Vermögen weniger ungleich verteilt als vor dem Ersten Weltkrieg. Derzeit haben deutsche Haushalte im Durchschnitt ein Vermögen von 420.000 Euro. Wenn man sich aber anschaut, wieviel ein Haushalt besitzt, ab dem die Hälfte aller Haushalte mehr und die andere Haushalte weniger Einkommen haben, dann kommt ein Vermögen von lediglich 120.000 Euro heraus. Darin zeigt sich: Die Vermögen sind ungleich verteilt – zugunsten der wohlhabenden Hälfte der Bevölkerung.

In den letzten Jahrzehnten Stillstand bei der Umverteilung

Während eine Hälfte der Deutschen sich also mehr leisten kann, haben die Menschen der unteren Einkommensschichten in den vergangenen vierzig Jahren nicht mehr Vermögen gebildet. Genaugenommen war das durchschnittliche Vermögen der ärmeren Hälfte der Deutschen Ende der 1970er Jahre genauso groß – oder gering – wie heute, nämlich bei rund 20.000 Euro (inflationsbereinigt). Nicht berücksichtigt sind allerdings Ansprüche aus Sozialversicherungen.

Diese Entwicklung lag daran, dass zum einen die Einkommen kaum gewachsen sind, so dass diese Bevölkerungsgruppe weniger sparen konnten als die Wohlhabenden. Zum anderen wurden die gebildeten Ersparnisse weniger in Immobilien oder Aktien angelegt, sondern eher in Sparkonten oder Lebensversicherungen mit niedrigerer Rendite gesteckt. Damit haben die sozial schwächeren Haushalte wenig Teil gehabt an der rasanten Immobilienpreisentwicklung.

Während sich die Vermögen der wohlhabenderen Hälfte der Haushalte in den letzten 25 Jahren verdoppelt haben, hatte die weniger wohlhabende Hälfte keinen Vermögenszuwachs. Der Anteil am Gesamtvermögen dieser weniger wohlhabenden Hälfte hat sich von fünf Prozent auf drei Prozent halbiert. So betrachtet hat die Vermögensungleichheit also zugenommen.

Ärmere bleiben arm

Wie aber kommt es, dass das Vermögen der Deutsche bisher unterschätzt wurde? Ein großes Problem, mit dem die drei Autorinnen und Autoren umgehen mussten, war die ungenaue Datenlage. Es ist beispielsweise schwierig, das Immobilienvermögen richtig zu gewichten. Für die Steuer werden Immobilien in Deutschland nur mit Einheitswerten erfasst, die entsprechen aber bei weitem nicht den tatsächlichen Marktwerten. Denn die Einheitswerte basieren auf den Werten des Jahres 1964 (alte Bundesländer) oder sogar 1935 (neue Bundesländer). Ballungszentren mit hohen Marktpreisen werden auf Grundlage der Einheitswerte viel zu niedrig bewertet.

Auch Betriebsvermögen insbesondere von nicht börslichen Familienunternehmen, die die Basis der deutschen Wirtschaft bilden, werden vom Statistischen Bundesamt und der Bundesbank unterbewertet und geben so ein nicht realistisches Bild der Vermögens der Wohlhabenden.

Ungenaue Datengrundlage

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