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Newcastle United – auf den Spuren von Manchester City und Paris St. Germain

Mit Geld von Sponsoren aus Katar, den VAE und Saudi Arabien wurden PSG, Manchester City und Newcastle United übernommen. Spiegelt sich der Dreikampf um die Vorherrschaft im Nahen Osten nun im europäischen Fußball wider?

Stolz sind sie in Saudi-Arabien auf ihre Nationalfarben: Alles, was im Wüstenstaat am Golf für wichtig gehalten wird, kommt gern in Grün und Weiß daher. Es hatte daher große Bedeutung, als der englische Premier-League-Klub Newcastle United kürzlich sein neues Ausweichtrikot vorstellte: Das weiße Hemd war zwar mit dem klassischen Logo der zwei Seepferdchen versehen. Dies war jedoch erstmals in grün-weiß gehalten, statt in schwarz-weiß, wie es bisher immer war. 

An die Abkehr von Traditionen werden sie sich in Newcastle gewöhnen müssen. Das Team aus dem Nordosten Englands ist im Herbst vergangenen Jahres für rund 400 Millionen Euro von einem saudischen Konsortium übernommen worden. Der Verkauf Newcastle Uniteds war dabei eine der langwierigsten und umstrittensten Übernahmen in der Geschichte des englischen Fußballs– was mit der Herkunft der Geldgeber zu tun hat.

Stolz sind sie in Saudi-Arabien auf ihre Nationalfarben: Alles, was im Wüstenstaat am Golf für wichtig gehalten wird, kommt gern in Grün und Weiß daher. Es hatte daher große Bedeutung, als der englische Premier-League-Klub Newcastle United kürzlich sein neues Ausweichtrikot vorstellte: Das weiße Hemd war zwar mit dem klassischen Logo der zwei Seepferdchen versehen. Dies war jedoch erstmals in grün-weiß gehalten, statt in schwarz-weiß, wie es bisher immer war. 

Saudi-Arabien, von Menschenrechtsorganisationen immer wieder stark kritisiert, hat weltweit spätestens seit der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 ein gewaltiges Imageproblem. Das Konsortium, das den Klub übernommen hat, besteht zu 80 Prozent aus dem Staatsfonds Saudi-Arabiens mit dem Namen PIF (Public Investment Fond). Mit einer Erfolgsgeschichte im Sport, so wurde gleich gemutmaßt, wollten die saudischen Machthaber nunmehr ihren ramponierten Ruf aufpolieren. “Sportswashing” wird das genannt.

“Es geht um das Image”

“Für Saudi-Arabien ist gerade der englische Markt ein enorm wichtiger Handelspartner. Und man hat in der Nachbarschaft gesehen, wie man sein Image über einen erfolgreich unterstützten Fußballverein deutlich verbessern kann”, meint Sebastian Sons, der als Islamforscher vom Bonner Forschungslabor Carpo seit vielen Jahren die Golfregion bereist.

Als Vorbild für die Saudis dienten vor allem die benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und das Emirat Katar. Ausgerechnet Katar? Gerade den kleinen, aufstrebenden Staat hatte man in den vergangenen Jahren mit diversen politischen Maßnahmen eigentlich in die Schranken weisen wollen.

Es ging dabei im Wesentlichen um den Aufstieg Katars und dessen Regionalpolitik. Schon seit den 1990er-Jahren intensivierte das kleine Emirat seine Bemühungen, sich international bekannter zu machen und als attraktiver Partner in der Region wahrgenommen zu werden. Das ganze “gipfelte” gewissermaßen in der WM-Vergabe an Katar im Dezember 2010. Katar war endgültig aus dem Schatten des großen Nachbarn Saudi-Arabien herausgetreten, zu dem man bis dahin in einem massiven Abhängigkeitsverhältnis gestanden hatte.

Der Aufstieg Katars war den Nachbarn ein Dorn im Auge – man wollte den Emporkömmling zurechtstutzen. Die Lage eskalierte, als Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und Ägypten 2017 eine Blockade Katars begannen, die bis 2021 dauerte. “Das Ziel war, Katar zu isolieren, zu schwächen und dafür zu sorgen, dass dem kleinen Nachbarn auch die WM wieder abgenommen wurde”, erklärt Sebastian Sons. Er glaubt jedoch: “In den Golfstaaten wuchs die Einsicht: So schlecht war der Weg Katars gar nicht, und für die gesamte Region wäre ein Schulterschluss eigentlich sinnvoller.”

Anstatt also den kleinen Nachbarn weiter zu schwächen, beschloss man in Saudi-Arabien, Katar und den anderen Nachbarn VAE mehr oder weniger zu kopieren – zumindest in ihren Aktivitäten auf dem weltweiten Fußballmarkt. Die VAE-Fluglinie Emirates hatte schon 2004 begonnen, sich als Sponsor auf dem englischen Fußballmarkt zu engagieren, 2006 wurde das Stadion von Arsenal London in “Emirates Stadium” umgetauft. Die VAE-Hauptstadt Abu Dhabi schlug noch spektakulärer zu und übernahm 2008 kurzerhand den finanziell schwächelnden Klub Manchester City, um ihn in einen internationalen Spitzenklub zu verwandeln.

Katar sah sich zunächst beim FC Barcelona um, trat dort als Trikotsponsor auf. 2011 folgte die Übernahme des Fußballklubs Paris St. Germain durch die Qatar Sports Investment (QSI), die dem katarischen Staatsfonds untersteht. Zudem intensivierte man die Beziehungen zum FC Bayern München, dessen jährliches Wintertrainingslager in Katar eine von beiden Seiten gern gepflegte Tradition wurde.

Im Herbst 2021 folgte nun Saudi-Arabiens Nachzug mit Newcastle United. Auch dieser Traditionsklub soll mit Öl-Milliarden des großen Flächenstaates, in dessen Wüstenlandschaft Deutschland ungefähr sechsmal hineinpasst, zu einem internationalen Schwergewicht aufgebaut werden. Kronprinz Mohammed bin Salman, kurz “MBS” genannt, ist Antreiber einer Art Charme-Offensive, um den Ruf seines Landes insbesondere nach dem Khashoggi-Mord aufzubessern. “Man möchte wieder gesellschaftsfähig werden, um sich als interessanter und nahbarer Wirtschaftspartner zu etablieren”, sagt Islamforscher Sebastian Sons. Was schon ganz gut gelungen ist: In der jüngeren Vergangenheit bekam man bereits wieder Besuch vom chinesischen, vom US-amerikanischen und dem französischen Staatsoberhaupt. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz wird in der kommenden Woche nach Riad reisen.

Investiert wurde nicht nur in den Männerfußball. Man denkt bereits an die nächsten Schritte, um endlich vom Fußballzwerg zum Fußballgiganten zu werden. Im September 2021 hat der nationale Fußballverband seine Vision unter dem Titel “Our Tactics for Tomorrow” mit sieben Eckpfeilern vorgestellt. Das mittelfristige Ziel: Bis zur Fußball-Weltmeisterschaft 2034 soll die Männer-Nationalmannschaft zu den Top 20 der Welt gehören.

Im Konzept des Fußballverbands ist ebenfalls die massive Förderung des Frauenfußballs vorgesehen. Überall im Land sollen Wettbewerbe für Mädchen im Elf gegen Elf etabliert werden. Zudem soll es bald den Männervereinen erlaubt sein, Frauen aufzunehmen – es wäre ein Meilenstein im ansonsten sehr konservativen Wüstenstaat. In einem Land, in dem Frauen bis 2017 noch nicht einmal Auto fahren durften. “Sie meinen es ernst”, meint Monika Staab. Die Deutsche ist seit zwei Jahren im Land als Nationaltrainerin beschäftigt. Und berichtet von ernsthaften Maßnahmen: “Das Projekt Frauenfußball wurde im regulären Fußballverband verortet. Man unterstützt mich und meine Arbeit zu 100 Prozent – und die Fortschritte sind enorm.”

Die Fans von Newcastle United müssen derweil nicht nur mit ihren Traditionen brechen. Sie müssen sich vermutlich auch in Geduld üben. Denn anders als Katar , das nach Millioneninvestitionen in Paris St. Germain als Ziel ganz klar den Gewinn der Champions League ausgegeben hat, geht Saudi-Arabien vorsichtiger vor. Anstatt in diesem Sommer von Newcastle gleich die ganz großen Superstars der Szene verpflichten zu lassen, wurden solide Spieler mit internationaler Klasse geholt, die den zuletzt abstiegsgefährdeten Klub sicher in der Liga halten sollen.

Außerdem wurde zunächst in die Mitarbeiter im “Hinterzimmer” investiert, um ein effizienteres, professionelleres und loyales Team aufzubauen. Nach der Installation eines neuen Sportdirektors, Dan Ashworth, der im Februar eingestellt wurde, hat Newcastle mit Darren Eales einen neuen geschäftsführenden Vorstandsvorsitzenden engagiert. Zudem wurde in neue Analysten, Sportwissenschaftler und Physiotherapeuten investiert. Und eben in neue Trikots, die jetzt in saudischen Farben daherkommen.

Newcastle-SpielerJoe Willock trägt das ergrünte Wappen auf der linken Brust
Portraitfoto des Islamforschers Sebastian Sons
Training der neu gegründeten Frauenfußballnationalmannschaft in Riad im November 2021

Stolz sind sie in Saudi-Arabien auf ihre Nationalfarben: Alles, was im Wüstenstaat am Golf für wichtig gehalten wird, kommt gern in Grün und Weiß daher. Es hatte daher große Bedeutung, als der englische Premier-League-Klub Newcastle United kürzlich sein neues Ausweichtrikot vorstellte: Das weiße Hemd war zwar mit dem klassischen Logo der zwei Seepferdchen versehen. Dies war jedoch erstmals in grün-weiß gehalten, statt in schwarz-weiß, wie es bisher immer war. 

An die Abkehr von Traditionen werden sie sich in Newcastle gewöhnen müssen. Das Team aus dem Nordosten Englands ist im Herbst vergangenen Jahres für rund 400 Millionen Euro von einem saudischen Konsortium übernommen worden. Der Verkauf Newcastle Uniteds war dabei eine der langwierigsten und umstrittensten Übernahmen in der Geschichte des englischen Fußballs– was mit der Herkunft der Geldgeber zu tun hat.

“Es geht um das Image”

Saudi-Arabien, von Menschenrechtsorganisationen immer wieder stark kritisiert, hat weltweit spätestens seit der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 ein gewaltiges Imageproblem. Das Konsortium, das den Klub übernommen hat, besteht zu 80 Prozent aus dem Staatsfonds Saudi-Arabiens mit dem Namen PIF (Public Investment Fond). Mit einer Erfolgsgeschichte im Sport, so wurde gleich gemutmaßt, wollten die saudischen Machthaber nunmehr ihren ramponierten Ruf aufpolieren. “Sportswashing” wird das genannt.

“Für Saudi-Arabien ist gerade der englische Markt ein enorm wichtiger Handelspartner. Und man hat in der Nachbarschaft gesehen, wie man sein Image über einen erfolgreich unterstützten Fußballverein deutlich verbessern kann”, meint Sebastian Sons, der als Islamforscher vom Bonner Forschungslabor Carpo seit vielen Jahren die Golfregion bereist.

Als Vorbild für die Saudis dienten vor allem die benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und das Emirat Katar. Ausgerechnet Katar? Gerade den kleinen, aufstrebenden Staat hatte man in den vergangenen Jahren mit diversen politischen Maßnahmen eigentlich in die Schranken weisen wollen.

Es ging dabei im Wesentlichen um den Aufstieg Katars und dessen Regionalpolitik. Schon seit den 1990er-Jahren intensivierte das kleine Emirat seine Bemühungen, sich international bekannter zu machen und als attraktiver Partner in der Region wahrgenommen zu werden. Das ganze “gipfelte” gewissermaßen in der WM-Vergabe an Katar im Dezember 2010. Katar war endgültig aus dem Schatten des großen Nachbarn Saudi-Arabien herausgetreten, zu dem man bis dahin in einem massiven Abhängigkeitsverhältnis gestanden hatte.

“Katar sollte zurechtgestutzt werden”

Der Aufstieg Katars war den Nachbarn ein Dorn im Auge – man wollte den Emporkömmling zurechtstutzen. Die Lage eskalierte, als Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und Ägypten 2017 eine Blockade Katars begannen, die bis 2021 dauerte. “Das Ziel war, Katar zu isolieren, zu schwächen und dafür zu sorgen, dass dem kleinen Nachbarn auch die WM wieder abgenommen wurde”, erklärt Sebastian Sons. Er glaubt jedoch: “In den Golfstaaten wuchs die Einsicht: So schlecht war der Weg Katars gar nicht, und für die gesamte Region wäre ein Schulterschluss eigentlich sinnvoller.”

“MBS” – Antreiber einer Charme-Offensive

Anstatt also den kleinen Nachbarn weiter zu schwächen, beschloss man in Saudi-Arabien, Katar und den anderen Nachbarn VAE mehr oder weniger zu kopieren – zumindest in ihren Aktivitäten auf dem weltweiten Fußballmarkt. Die VAE-Fluglinie Emirates hatte schon 2004 begonnen, sich als Sponsor auf dem englischen Fußballmarkt zu engagieren, 2006 wurde das Stadion von Arsenal London in “Emirates Stadium” umgetauft. Die VAE-Hauptstadt Abu Dhabi schlug noch spektakulärer zu und übernahm 2008 kurzerhand den finanziell schwächelnden Klub Manchester City, um ihn in einen internationalen Spitzenklub zu verwandeln.

Katar sah sich zunächst beim FC Barcelona um, trat dort als Trikotsponsor auf. 2011 folgte die Übernahme des Fußballklubs Paris St. Germain durch die Qatar Sports Investment (QSI), die dem katarischen Staatsfonds untersteht. Zudem intensivierte man die Beziehungen zum FC Bayern München, dessen jährliches Wintertrainingslager in Katar eine von beiden Seiten gern gepflegte Tradition wurde.

Im Herbst 2021 folgte nun Saudi-Arabiens Nachzug mit Newcastle United. Auch dieser Traditionsklub soll mit Öl-Milliarden des großen Flächenstaates, in dessen Wüstenlandschaft Deutschland ungefähr sechsmal hineinpasst, zu einem internationalen Schwergewicht aufgebaut werden. Kronprinz Mohammed bin Salman, kurz “MBS” genannt, ist Antreiber einer Art Charme-Offensive, um den Ruf seines Landes insbesondere nach dem Khashoggi-Mord aufzubessern. “Man möchte wieder gesellschaftsfähig werden, um sich als interessanter und nahbarer Wirtschaftspartner zu etablieren”, sagt Islamforscher Sebastian Sons. Was schon ganz gut gelungen ist: In der jüngeren Vergangenheit bekam man bereits wieder Besuch vom chinesischen, vom US-amerikanischen und dem französischen Staatsoberhaupt. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz wird in der kommenden Woche nach Riad reisen.

Konzept: Frauenfußball soll gestärkt werden

Investiert wurde nicht nur in den Männerfußball. Man denkt bereits an die nächsten Schritte, um endlich vom Fußballzwerg zum Fußballgiganten zu werden. Im September 2021 hat der nationale Fußballverband seine Vision unter dem Titel “Our Tactics for Tomorrow” mit sieben Eckpfeilern vorgestellt. Das mittelfristige Ziel: Bis zur Fußball-Weltmeisterschaft 2034 soll die Männer-Nationalmannschaft zu den Top 20 der Welt gehören.

Im Konzept des Fußballverbands ist ebenfalls die massive Förderung des Frauenfußballs vorgesehen. Überall im Land sollen Wettbewerbe für Mädchen im Elf gegen Elf etabliert werden. Zudem soll es bald den Männervereinen erlaubt sein, Frauen aufzunehmen – es wäre ein Meilenstein im ansonsten sehr konservativen Wüstenstaat. In einem Land, in dem Frauen bis 2017 noch nicht einmal Auto fahren durften. “Sie meinen es ernst”, meint Monika Staab. Die Deutsche ist seit zwei Jahren im Land als Nationaltrainerin beschäftigt. Und berichtet von ernsthaften Maßnahmen: “Das Projekt Frauenfußball wurde im regulären Fußballverband verortet. Man unterstützt mich und meine Arbeit zu 100 Prozent – und die Fortschritte sind enorm.”

Die Fans von Newcastle United müssen derweil nicht nur mit ihren Traditionen brechen. Sie müssen sich vermutlich auch in Geduld üben. Denn anders als Katar , das nach Millioneninvestitionen in Paris St. Germain als Ziel ganz klar den Gewinn der Champions League ausgegeben hat, geht Saudi-Arabien vorsichtiger vor. Anstatt in diesem Sommer von Newcastle gleich die ganz großen Superstars der Szene verpflichten zu lassen, wurden solide Spieler mit internationaler Klasse geholt, die den zuletzt abstiegsgefährdeten Klub sicher in der Liga halten sollen.

Außerdem wurde zunächst in die Mitarbeiter im “Hinterzimmer” investiert, um ein effizienteres, professionelleres und loyales Team aufzubauen. Nach der Installation eines neuen Sportdirektors, Dan Ashworth, der im Februar eingestellt wurde, hat Newcastle mit Darren Eales einen neuen geschäftsführenden Vorstandsvorsitzenden engagiert. Zudem wurde in neue Analysten, Sportwissenschaftler und Physiotherapeuten investiert. Und eben in neue Trikots, die jetzt in saudischen Farben daherkommen.

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