EU steht weiter an der Seite der Ukraine
Solidarität mit der Ukraine, schwerste Vorwürfe gegen Russland, mehr Distanz zu China und keine harten Beschlüsse in der Energiekrise. Das ist die Bilanz des EU-Gipfels. Bernd Riegert berichtet.
Mit viel Applaus wurde der scheidende italienische Ministerpräsident Mario Draghi bei seinem letzten EU-Gipfel in Brüssel verabschiedet. 2012 hatte Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank mit einem Satz den Euro gerettet und Finanzgeschichte geschrieben: “Die Europäische Zentralbank wird alles tun, was nötig ist, um den Euro zu schützen.” Diese Entschlossenheit hat sich die Europäische Union bei Draghi abgeschaut. Die 27 Staats- und Regierungschefs schrieben in ihren Gipfelbeschluss nicht zum ersten Mal hinein: “Die EU wird der Ukraine beistehen, so lange es nötig ist.” Russland wird aufgefordert, die Angriffe sofort einzustellen, von Kriegsverbrechen abzulassen und alle Gebiete an die Ukraine zurückzugeben. Mario Draghi fasste es in seiner letzten Rede im Ratsgebäude so zusammen: “Putin kann diesen Krieg nicht gewinnen. Er darf ihn nicht gewinnen.”
Die EU kündigte weitere Sanktionen gegen Russland an. “Wir haben uns dafür ausgesprochen, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen, damit es seinen aggressiven Krieg beendet”, so der EU-Ratsvorsitzende Charles Michel. Selbst Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der immer noch gute Verbindungen zum Kreml unterhält, hat dieser Formulierung zugestimmt. Und das, obwohl er zuhause bei öffentlichen Auftritten gegen die EU-Sanktionen gegen Russland wettert, weil diese die ungarische Wirtschaft schädigen würden.
Mit viel Applaus wurde der scheidende italienische Ministerpräsident Mario Draghi bei seinem letzten EU-Gipfel in Brüssel verabschiedet. 2012 hatte Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank mit einem Satz den Euro gerettet und Finanzgeschichte geschrieben: “Die Europäische Zentralbank wird alles tun, was nötig ist, um den Euro zu schützen.” Diese Entschlossenheit hat sich die Europäische Union bei Draghi abgeschaut. Die 27 Staats- und Regierungschefs schrieben in ihren Gipfelbeschluss nicht zum ersten Mal hinein: “Die EU wird der Ukraine beistehen, so lange es nötig ist.” Russland wird aufgefordert, die Angriffe sofort einzustellen, von Kriegsverbrechen abzulassen und alle Gebiete an die Ukraine zurückzugeben. Mario Draghi fasste es in seiner letzten Rede im Ratsgebäude so zusammen: “Putin kann diesen Krieg nicht gewinnen. Er darf ihn nicht gewinnen.”
Der Gipfel demonstriert also Einigkeit. Ob das so bleiben wird, wenn Draghis Nachfolgerin, die rechtsextreme Giorgia Meloni, demnächst in Brüssel als italienische Ministerpräsidentin aufläuft, ist zumindest fraglich. Ihre beiden rechtsnationalen Koalitionspartner, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi, haben sehr viel Verständnis für die russische Aggression und kritisieren die Sanktionen. Der greise Berlusconi schwärmte erst vor einigen Tagen in italienischen Medien von den “süßen Briefen”, der er bis heute mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin austausche.
18 Milliarden für die Ukraine im nächsten Jahr
Die EU verspricht der Ukraine, die der EU beitreten soll, weiterhin umfassende Hilfen, auch beim Wiederaufbau der zerstörten Städte und Infrastruktur. In diesem Jahr habe die Ukraine 19 Milliarden Euro an Finanzhilfen von der EU erhalten, rechnete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor. Eine ähnliche Summe sagte sie auch für das nächste Jahr zu. Eine umfassende Ausbildungsmission für ukrainische Soldaten in EU-Staaten, an der sich Deutschland mit einem Hauptquartier beteiligt, wurde gebilligt. Ein Vorstoß der drei baltischen Staaten, ein besonderes Justiz-Tribunal für russische Kriegsverbrechen einzurichten, hatte hingegen noch keinen Erfolg. Die Staatengemeinschaft verweist auf den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, der bereits Beweise sammelt. Die EU-Kommission soll prüfen, ob weitere juristische Schritte oder Einrichtungen notwendig scheinen. Der lettische Regierungschef Krišjānis Kariņš sagte der DW, er sehe mehr und mehr Staaten, die für ein Tribunal seien. Die belarussische Führung wird aufgefordert, Russland in seinem Krieg nicht weiter zu unterstützen. Ansonsten drohten weitere Sanktionen.
Eine Warnung gab es auch in Richtung Iran. Der belgische Ministerpräsident Alexander de Croo sagte, man sei zu weiteren Sanktionen gegen das Mullah-Regime bereit, sollte es weitere Beweise für Waffenlieferungen an Russland geben. Am Donnerstag hatte die EU drei Iraner und eine Institution im Iran wegen Drohnenlieferungen an Russland mit Reisesperren und Vermögenseinziehung belegt. Die Drohnen werden nach Auffassung der EU von der russischen Armee zur Terrorisierung der Bevölkerung in der Ukraine eingesetzt. “Das sind klare Kriegsverbrechen”, sagte der lettische Ministerpräsident Karins der DW. Deutschland, Frankreich und das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien fordern eine Untersuchung der Vereinten Nationen, ob der Iran mit Waffenlieferungen gegen einschlägige UN-Resolutionen verstößt.
Weitgehend einig waren sich die EU-Mitgliedsstaaten, wie in Zukunft die Beziehungen zu China angegangen werden sollen. “Klar ist, dass wir völlig unterschiedliche Vorstellungen von guter Gesellschaft und Regierung haben”, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel mit Blick auf China. Man dürfe sich “keine Illusionen machen, mit wem wir es da zu tun haben.” Wirtschaftlich gesehen brauche man China aber, machte Scholz deutlich. “Wir wollen keine De-Globalisierung und keine Abkopplung.” Man sei als EU an weltweitem Handel interessiert, werde aber auch stark auf die eigene Souveränität achten.
Man dürfe nicht von einem autoritären Regime bei Rohstoffen oder Halbleitern abhängig werden, meinte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. Das gelte für China und für Russland. “Wir müssen sehr wachsam sein, wenn es um Abhängigkeit geht. Da haben wir unsere Lektion gelernt”, so von der Leyen. Kanzler Scholz will Anfang November mit einer Wirtschaftsdelegation nach Peking reisen. Auch Frankreichs Präsident Macron wird demnächst in China erwartet. Er nannte den Verkauf wichtiger Infrastruktur in Europa an chinesische Staatsfirmen einen Fehler. In Frankreich, Griechenland, Spanien, Belgien und den Niederlanden gehören China Teile von großen Seehäfen. In Hamburg könnte demnächst die chinesische Reederei Cosco an einem Hafenterminal beteiligt werden. “Die Anträge liegen vor und werden geprüft”, sagte Kanzler Scholz dazu, ohne erkennen zu lassen, ob er das Geschäft gut oder schlecht fände.
Bei ihrem Streit um die richtige Energiepolitik konnten sich die Staats- und Regierungschefs lediglich auf einen Fahrplan einigen, den jetzt die zuständigen Energieminister umsetzen sollen. Eine Preisobergrenze für Gasimporte ist darin nicht vorgesehen. Es soll lediglich einen zeitlich begrenzten Mechanismus geben, der extreme Preisausschläge durch Spekulationen an den Energiebörsen verhindern soll. 15 Mitgliedsstaaten hatten zuvor einen Preisdeckel gefordert, der aber zu Lieferengpässen führen könnte, weil Lieferanten ihr Flüssiggas dann nach Asien umleiten könnten. Wichtiger als eine Deckelung seien Gespräche mit befreundeten Lieferländern wie den USA, Norwegen, Algerien und Katar sowie den Konsum-Ländern Japan, Indien, China und Südkorea, so der Bundeskanzler.
Jacob Funk Kirkegaard, Energiepolitik-Experte, in der Denkfabrik “German Marshall Fund” rät von Deckeln und Preisbremsen ab. “Jetzt geht es darum, möglichst viel Flüssiggas nach Europa zu locken. Eine Preisobergrenze würde das behindern.” Der Begrenzungsmechanismus für Preisausschläge, der jetzt kommen solle, sei eher ein Ablenkungsmanöver, so Kirkegaard gegenüber der DW. “Das ist nur ein komplizierter Ausdruck für eine Sicherung, die es bereits gegen zu schnell fallende Preise im internationalen Handel gibt. Jede Börse hat so etwas bereits eingebaut. Das ist wohl eher eine Nebelkerze.” Vorgesehen ist auch eine Einkaufsgemeinschaft für europäische Unternehmen, wenn sie mit Gas- und Energielieferanten auf dem Weltmarkt verhandeln. Am kommenden Dienstag sollen sich die Energieminister in einer weiteren Sondersitzung auf Einzelheiten einigen.
Mit viel Applaus wurde der scheidende italienische Ministerpräsident Mario Draghi bei seinem letzten EU-Gipfel in Brüssel verabschiedet. 2012 hatte Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank mit einem Satz den Euro gerettet und Finanzgeschichte geschrieben: “Die Europäische Zentralbank wird alles tun, was nötig ist, um den Euro zu schützen.” Diese Entschlossenheit hat sich die Europäische Union bei Draghi abgeschaut. Die 27 Staats- und Regierungschefs schrieben in ihren Gipfelbeschluss nicht zum ersten Mal hinein: “Die EU wird der Ukraine beistehen, so lange es nötig ist.” Russland wird aufgefordert, die Angriffe sofort einzustellen, von Kriegsverbrechen abzulassen und alle Gebiete an die Ukraine zurückzugeben. Mario Draghi fasste es in seiner letzten Rede im Ratsgebäude so zusammen: “Putin kann diesen Krieg nicht gewinnen. Er darf ihn nicht gewinnen.”
Die EU kündigte weitere Sanktionen gegen Russland an. “Wir haben uns dafür ausgesprochen, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen, damit es seinen aggressiven Krieg beendet”, so der EU-Ratsvorsitzende Charles Michel. Selbst Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der immer noch gute Verbindungen zum Kreml unterhält, hat dieser Formulierung zugestimmt. Und das, obwohl er zuhause bei öffentlichen Auftritten gegen die EU-Sanktionen gegen Russland wettert, weil diese die ungarische Wirtschaft schädigen würden.
18 Milliarden für die Ukraine im nächsten Jahr
Der Gipfel demonstriert also Einigkeit. Ob das so bleiben wird, wenn Draghis Nachfolgerin, die rechtsextreme Giorgia Meloni, demnächst in Brüssel als italienische Ministerpräsidentin aufläuft, ist zumindest fraglich. Ihre beiden rechtsnationalen Koalitionspartner, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi, haben sehr viel Verständnis für die russische Aggression und kritisieren die Sanktionen. Der greise Berlusconi schwärmte erst vor einigen Tagen in italienischen Medien von den “süßen Briefen”, der er bis heute mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin austausche.
Die EU verspricht der Ukraine, die der EU beitreten soll, weiterhin umfassende Hilfen, auch beim Wiederaufbau der zerstörten Städte und Infrastruktur. In diesem Jahr habe die Ukraine 19 Milliarden Euro an Finanzhilfen von der EU erhalten, rechnete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor. Eine ähnliche Summe sagte sie auch für das nächste Jahr zu. Eine umfassende Ausbildungsmission für ukrainische Soldaten in EU-Staaten, an der sich Deutschland mit einem Hauptquartier beteiligt, wurde gebilligt. Ein Vorstoß der drei baltischen Staaten, ein besonderes Justiz-Tribunal für russische Kriegsverbrechen einzurichten, hatte hingegen noch keinen Erfolg. Die Staatengemeinschaft verweist auf den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, der bereits Beweise sammelt. Die EU-Kommission soll prüfen, ob weitere juristische Schritte oder Einrichtungen notwendig scheinen. Der lettische Regierungschef Krišjānis Kariņš sagte der DW, er sehe mehr und mehr Staaten, die für ein Tribunal seien. Die belarussische Führung wird aufgefordert, Russland in seinem Krieg nicht weiter zu unterstützen. Ansonsten drohten weitere Sanktionen.
Eine Warnung gab es auch in Richtung Iran. Der belgische Ministerpräsident Alexander de Croo sagte, man sei zu weiteren Sanktionen gegen das Mullah-Regime bereit, sollte es weitere Beweise für Waffenlieferungen an Russland geben. Am Donnerstag hatte die EU drei Iraner und eine Institution im Iran wegen Drohnenlieferungen an Russland mit Reisesperren und Vermögenseinziehung belegt. Die Drohnen werden nach Auffassung der EU von der russischen Armee zur Terrorisierung der Bevölkerung in der Ukraine eingesetzt. “Das sind klare Kriegsverbrechen”, sagte der lettische Ministerpräsident Karins der DW. Deutschland, Frankreich und das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien fordern eine Untersuchung der Vereinten Nationen, ob der Iran mit Waffenlieferungen gegen einschlägige UN-Resolutionen verstößt.
Weitgehend einig waren sich die EU-Mitgliedsstaaten, wie in Zukunft die Beziehungen zu China angegangen werden sollen. “Klar ist, dass wir völlig unterschiedliche Vorstellungen von guter Gesellschaft und Regierung haben”, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel mit Blick auf China. Man dürfe sich “keine Illusionen machen, mit wem wir es da zu tun haben.” Wirtschaftlich gesehen brauche man China aber, machte Scholz deutlich. “Wir wollen keine De-Globalisierung und keine Abkopplung.” Man sei als EU an weltweitem Handel interessiert, werde aber auch stark auf die eigene Souveränität achten.
Weitere Sanktionen gegen Iran möglich
Man dürfe nicht von einem autoritären Regime bei Rohstoffen oder Halbleitern abhängig werden, meinte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. Das gelte für China und für Russland. “Wir müssen sehr wachsam sein, wenn es um Abhängigkeit geht. Da haben wir unsere Lektion gelernt”, so von der Leyen. Kanzler Scholz will Anfang November mit einer Wirtschaftsdelegation nach Peking reisen. Auch Frankreichs Präsident Macron wird demnächst in China erwartet. Er nannte den Verkauf wichtiger Infrastruktur in Europa an chinesische Staatsfirmen einen Fehler. In Frankreich, Griechenland, Spanien, Belgien und den Niederlanden gehören China Teile von großen Seehäfen. In Hamburg könnte demnächst die chinesische Reederei Cosco an einem Hafenterminal beteiligt werden. “Die Anträge liegen vor und werden geprüft”, sagte Kanzler Scholz dazu, ohne erkennen zu lassen, ob er das Geschäft gut oder schlecht fände.
Unabhängiger von China, aber nicht abkoppeln
Bei ihrem Streit um die richtige Energiepolitik konnten sich die Staats- und Regierungschefs lediglich auf einen Fahrplan einigen, den jetzt die zuständigen Energieminister umsetzen sollen. Eine Preisobergrenze für Gasimporte ist darin nicht vorgesehen. Es soll lediglich einen zeitlich begrenzten Mechanismus geben, der extreme Preisausschläge durch Spekulationen an den Energiebörsen verhindern soll. 15 Mitgliedsstaaten hatten zuvor einen Preisdeckel gefordert, der aber zu Lieferengpässen führen könnte, weil Lieferanten ihr Flüssiggas dann nach Asien umleiten könnten. Wichtiger als eine Deckelung seien Gespräche mit befreundeten Lieferländern wie den USA, Norwegen, Algerien und Katar sowie den Konsum-Ländern Japan, Indien, China und Südkorea, so der Bundeskanzler.
Jacob Funk Kirkegaard, Energiepolitik-Experte, in der Denkfabrik “German Marshall Fund” rät von Deckeln und Preisbremsen ab. “Jetzt geht es darum, möglichst viel Flüssiggas nach Europa zu locken. Eine Preisobergrenze würde das behindern.” Der Begrenzungsmechanismus für Preisausschläge, der jetzt kommen solle, sei eher ein Ablenkungsmanöver, so Kirkegaard gegenüber der DW. “Das ist nur ein komplizierter Ausdruck für eine Sicherung, die es bereits gegen zu schnell fallende Preise im internationalen Handel gibt. Jede Börse hat so etwas bereits eingebaut. Das ist wohl eher eine Nebelkerze.” Vorgesehen ist auch eine Einkaufsgemeinschaft für europäische Unternehmen, wenn sie mit Gas- und Energielieferanten auf dem Weltmarkt verhandeln. Am kommenden Dienstag sollen sich die Energieminister in einer weiteren Sondersitzung auf Einzelheiten einigen.