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El Salvador: Siegt Bukele im Bandenkrieg?

El Salvador verlängert den Ausnahmezustand, um sich gegen gewalttätige Banden durchzusetzen. Präsident Nayib Bukele behauptet, er habe deren Anführer nach Mexiko vertrieben. Ein Ablenkungsmanöver, urteilen Experten.

Seit März herrscht Krieg zwischen der Regierung El Salvadors und den beiden kriminellen Banden MS-13 und MS-18. Nachdem ein informeller Stillhaltepakt in die Brüche gegangen war, machen die Sicherheitskräfte Jagd auf vermeintliche Bandenmitglieder. Über 41.000 Menschen wurden in den vergangenen drei Monaten in dem mittelamerikanischen Land ins Gefängnis gesteckt. Nun erklärt Präsident Nayib Bukele eine Art Etappensieg: Die Chefs der Bande MS-13 seien nach Mexiko geflüchtet. Belege dafür liefert er nicht.

Der Ausnahmezustand in El Salvador ist derweil erneut um 30 Tage verlängert worden – auf dann insgesamt knapp vier Monate. Als er die Verlängerung vor dem Parlament beantragte, sagte Justiz- und Sicherheitsminister Gustavo Villatoro: “Viele der Feiglinge erteilen jetzt von Mexiko aus Befehle.” Von den 15 Bandenchefs seien außerdem sieben bereits verhaftet. “Erst wenn der letzte hinter Gittern ist, ist unsere Arbeit getan.” Namen nannte er nicht, dafür verkündete er den Bau eines neuen “Hochsicherheitsgefängnisses für Terroristen”. Insgesamt wird die Anzahl der Bandenmitglieder in El Salvador auf rund 70.000 geschätzt.

Seit März herrscht Krieg zwischen der Regierung El Salvadors und den beiden kriminellen Banden MS-13 und MS-18. Nachdem ein informeller Stillhaltepakt in die Brüche gegangen war, machen die Sicherheitskräfte Jagd auf vermeintliche Bandenmitglieder. Über 41.000 Menschen wurden in den vergangenen drei Monaten in dem mittelamerikanischen Land ins Gefängnis gesteckt. Nun erklärt Präsident Nayib Bukele eine Art Etappensieg: Die Chefs der Bande MS-13 seien nach Mexiko geflüchtet. Belege dafür liefert er nicht.

Der martialische Diskurs ist populär – mehr als 50 Prozent der Salvadorianer unterstützen ihn, so eine Umfrage der Katholischen Universität (UCA). “Das Image des Präsidenten hatte durch den Crash des Bitcoin gelitten, bekam durch die Politik der harten Hand aber wieder Aufwind”, sagte Omar Serrano, Vizerektor der UCA. Vor einem Jahr hatte El Salvador als erstes Land die Kryptowährung Bitcoin als zusätzlich gültiges Zahlungsmittel eingeführt. Der Bitcoin-Kurs war an der Börse jüngst stark gefallen.

Populäre Kriegsrhetorik

Vor diesem Hintergrund hält Hector Silva die Behauptung der Regierung, dass die Bandenchefs aus dem Land fliehen, hauptsächlich für Propaganda. “Die Rhetorik passt in Bukeles Narrativ von einem Kreuzzug der Guten gegen die Bösen”, sagte der auf Sicherheit und Organisierte Kriminalität spezialisierte Journalist zur DW. Laut Tiziano Breda, Mittelamerika-Analyst der International Crisis Group, gibt es zwar Informationen, dass Bandenmitglieder ins Ausland flüchteten, aber in Mexiko sei ihre Präsenz nur “punktuell und marginal”. Breda erläutert: “Guatemala und Honduras haben ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Möglicherweise will Bukele mit seiner Aussage auch Mexiko zu einem härteren Durchgreifen bewegen.”

Auch der deutsch-salvadorianische Publizist Paolo Lüers kann “keine systematisch geplante Absetzungsbewegung” der Bandenmitglieder erkennen. Ihm zufolge ergibt eine kriminelle Betätigung vom Exil aus wenig Sinn, da die territoriale Kontrolle für die Haupteinnahmequelle der salvadorianischen Banden – nämlich die Schutzgelderpressung – unverzichtbar sei.

Die Realität sei weitaus komplexer als Bukeles Darstellung, sagt Journalist Hector Silva. So habe der Präsident – wie schon seine Vorgänger – einen Pakt mit den Bandenchefs geschlossen, um die Mordrate in El Salvador zu senken. Als Ergebnis dieses Paktes sei der zu 60 Jahren Haft verurteilte Schwerverbrecher Elmer Canales Rivera alias “Crook” 2021 freigekommen und von einem Vertrauten des Staatschefs nach Guatemala gebracht worden. “Es ist gut möglich, dass Crook von dort nach Mexiko ging”, so Silva. Ob er von mexikanischem Boden aus operiert, ist jedoch fraglich. “Mexiko ist keine Operationsbasis für die MS, eher ein Rückzugsgebiet”, so Tiziano Breda.

Bukele geht es nach Ansicht der politischen Beobachter darum, durch solche Effekthascherei von einer tiefergehenden Analyse seiner Sicherheitspolitik abzulenken. Der Pakt mit den Banden führte zwar zunächst dazu, dass die Mordrate in El Salvador auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten sank – etwas, das der Staatschef sich als Erfolg ans Revers heftete. “Aber dieser Pakt ist geplatzt, weil die Regierung den inhaftierten Bandenchefs Hafterleichterungen und Geld versprach, aber diese Versprechungen nicht einhielt”, sagt Paolo Lüers.

Dem Platzen des Deals folgte Ende März ein blutiges Wochenende, an dem Bandmitglieder wahllos 87 Menschen ermordeten. “Solche Pakte sind eine Zeitbombe”, warnt Silva. “Die Banden bekamen dadurch politischen Spielraum und wurden in die Lage versetzt, die Politik zu erpressen.”

Die Regierung reagierte auf das blutige Wochenende mit einer Kehrtwende zur Repression. “Das setzt die Banden unter Druck und bringt kurzfristig Ergebnisse”, sagt Tiziano Breda von der Crisis Group. “Aber es ist eben keine langfristige Strategie.” Ähnlich sieht es der Publizist Paolo Lüers: “Das ist eine Bankrotterklärung für eine Politik, die man zwei Jahre lang als erfolgreich propagiert hat.” Der Ausnahmezustand habe die Banden zwar in die Defensive gebracht. “Aber man kann ihn nicht endlos verlängern. Man kann nicht die gesamte Polizei und 70 Prozent der Streitkräfte Jagd auf Bandenmitglieder machen lassen.” Ließe der Druck nach, müsse man aber mit einer Rückkehr der Banden rechnen. Lüers warnt: “Sie haben in den vergangenen 20 Jahren ihre Anpassungsfähigkeit bewiesen und werden nicht einfach verschwinden.”

El Salvador | Polizist esxkortiert Mitglied der Bande MS-18
El Salvador I Präsident Nayib Bukele

Seit März herrscht Krieg zwischen der Regierung El Salvadors und den beiden kriminellen Banden MS-13 und MS-18. Nachdem ein informeller Stillhaltepakt in die Brüche gegangen war, machen die Sicherheitskräfte Jagd auf vermeintliche Bandenmitglieder. Über 41.000 Menschen wurden in den vergangenen drei Monaten in dem mittelamerikanischen Land ins Gefängnis gesteckt. Nun erklärt Präsident Nayib Bukele eine Art Etappensieg: Die Chefs der Bande MS-13 seien nach Mexiko geflüchtet. Belege dafür liefert er nicht.

Der Ausnahmezustand in El Salvador ist derweil erneut um 30 Tage verlängert worden – auf dann insgesamt knapp vier Monate. Als er die Verlängerung vor dem Parlament beantragte, sagte Justiz- und Sicherheitsminister Gustavo Villatoro: “Viele der Feiglinge erteilen jetzt von Mexiko aus Befehle.” Von den 15 Bandenchefs seien außerdem sieben bereits verhaftet. “Erst wenn der letzte hinter Gittern ist, ist unsere Arbeit getan.” Namen nannte er nicht, dafür verkündete er den Bau eines neuen “Hochsicherheitsgefängnisses für Terroristen”. Insgesamt wird die Anzahl der Bandenmitglieder in El Salvador auf rund 70.000 geschätzt.

Populäre Kriegsrhetorik

Der martialische Diskurs ist populär – mehr als 50 Prozent der Salvadorianer unterstützen ihn, so eine Umfrage der Katholischen Universität (UCA). “Das Image des Präsidenten hatte durch den Crash des Bitcoin gelitten, bekam durch die Politik der harten Hand aber wieder Aufwind”, sagte Omar Serrano, Vizerektor der UCA. Vor einem Jahr hatte El Salvador als erstes Land die Kryptowährung Bitcoin als zusätzlich gültiges Zahlungsmittel eingeführt. Der Bitcoin-Kurs war an der Börse jüngst stark gefallen.

Vor diesem Hintergrund hält Hector Silva die Behauptung der Regierung, dass die Bandenchefs aus dem Land fliehen, hauptsächlich für Propaganda. “Die Rhetorik passt in Bukeles Narrativ von einem Kreuzzug der Guten gegen die Bösen”, sagte der auf Sicherheit und Organisierte Kriminalität spezialisierte Journalist zur DW. Laut Tiziano Breda, Mittelamerika-Analyst der International Crisis Group, gibt es zwar Informationen, dass Bandenmitglieder ins Ausland flüchteten, aber in Mexiko sei ihre Präsenz nur “punktuell und marginal”. Breda erläutert: “Guatemala und Honduras haben ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Möglicherweise will Bukele mit seiner Aussage auch Mexiko zu einem härteren Durchgreifen bewegen.”

Auch der deutsch-salvadorianische Publizist Paolo Lüers kann “keine systematisch geplante Absetzungsbewegung” der Bandenmitglieder erkennen. Ihm zufolge ergibt eine kriminelle Betätigung vom Exil aus wenig Sinn, da die territoriale Kontrolle für die Haupteinnahmequelle der salvadorianischen Banden – nämlich die Schutzgelderpressung – unverzichtbar sei.

Die Realität sei weitaus komplexer als Bukeles Darstellung, sagt Journalist Hector Silva. So habe der Präsident – wie schon seine Vorgänger – einen Pakt mit den Bandenchefs geschlossen, um die Mordrate in El Salvador zu senken. Als Ergebnis dieses Paktes sei der zu 60 Jahren Haft verurteilte Schwerverbrecher Elmer Canales Rivera alias “Crook” 2021 freigekommen und von einem Vertrauten des Staatschefs nach Guatemala gebracht worden. “Es ist gut möglich, dass Crook von dort nach Mexiko ging”, so Silva. Ob er von mexikanischem Boden aus operiert, ist jedoch fraglich. “Mexiko ist keine Operationsbasis für die MS, eher ein Rückzugsgebiet”, so Tiziano Breda.

Banden brauchen El Salvador als Basis

Bukele geht es nach Ansicht der politischen Beobachter darum, durch solche Effekthascherei von einer tiefergehenden Analyse seiner Sicherheitspolitik abzulenken. Der Pakt mit den Banden führte zwar zunächst dazu, dass die Mordrate in El Salvador auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten sank – etwas, das der Staatschef sich als Erfolg ans Revers heftete. “Aber dieser Pakt ist geplatzt, weil die Regierung den inhaftierten Bandenchefs Hafterleichterungen und Geld versprach, aber diese Versprechungen nicht einhielt”, sagt Paolo Lüers.

Regierungshilfe für einen Schwerverbrecher

Dem Platzen des Deals folgte Ende März ein blutiges Wochenende, an dem Bandmitglieder wahllos 87 Menschen ermordeten. “Solche Pakte sind eine Zeitbombe”, warnt Silva. “Die Banden bekamen dadurch politischen Spielraum und wurden in die Lage versetzt, die Politik zu erpressen.”

Die Regierung reagierte auf das blutige Wochenende mit einer Kehrtwende zur Repression. “Das setzt die Banden unter Druck und bringt kurzfristig Ergebnisse”, sagt Tiziano Breda von der Crisis Group. “Aber es ist eben keine langfristige Strategie.” Ähnlich sieht es der Publizist Paolo Lüers: “Das ist eine Bankrotterklärung für eine Politik, die man zwei Jahre lang als erfolgreich propagiert hat.” Der Ausnahmezustand habe die Banden zwar in die Defensive gebracht. “Aber man kann ihn nicht endlos verlängern. Man kann nicht die gesamte Polizei und 70 Prozent der Streitkräfte Jagd auf Bandenmitglieder machen lassen.” Ließe der Druck nach, müsse man aber mit einer Rückkehr der Banden rechnen. Lüers warnt: “Sie haben in den vergangenen 20 Jahren ihre Anpassungsfähigkeit bewiesen und werden nicht einfach verschwinden.”

Ein gebrochener Pakt wird zur Zeitbombe

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