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Die CDU, eine Niederlage und der Marathonlauf

Die CDU-Spitze tut die Niederlage im Saarland als Regional-Wahl ab. Doch Experten sind sich sicher: Solche Ergebnisse dürfen sich nicht wiederholen, wenn es für Parteichef Merz nicht gefährlich werden soll.

Die Wahllokale im Saarland sind am Sonntagabend kaum geschlossen, da spricht der Bonner Politologe Volker Kronenberg im Fernsehsender “Phoenix” von einer “Klatsche” für die CDU. Und Mario Czaja, seit gut zwei Monaten Generalsekretär der Christdemokraten auf Bundesebene, sagt, es sei “ganz offensichtlich…ein saarländisches Wahlergebnis”, im Wahlkampf hätten “saarländische Themen” dominiert.                                            

Die CDU, die bislang in dem kleinsten deutschen Flächenland die Regierung führte und in Tobias Hans den Ministerpräsidenten stellte, rutscht von 40,7 auf 28,5 Prozent ab. Es ist das schlechteste Ergebnis im Land seit 1955. Für die C-Partei an der Saar im Westen der Republik ist das ein Erdbeben.

Die Wahllokale im Saarland sind am Sonntagabend kaum geschlossen, da spricht der Bonner Politologe Volker Kronenberg im Fernsehsender “Phoenix” von einer “Klatsche” für die CDU. Und Mario Czaja, seit gut zwei Monaten Generalsekretär der Christdemokraten auf Bundesebene, sagt, es sei “ganz offensichtlich…ein saarländisches Wahlergebnis”, im Wahlkampf hätten “saarländische Themen” dominiert.                                            

Und für die CDU im Bund, im fernen Berlin? Am Mittag danach steht Friedrich Merz vor Journalistinnen und Journalisten in der CDU-Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus, und spricht von einer “Enttäuschung” und “keinem guten Tag für die CDU”. Dabei, betont Merz, seit zweieinhalb Monaten an der Parteispitze, habe seine Partei auf Bundesebene “den turn-around hinbekommen”, “wir stehen bundespolitisch nicht schlecht da”. Und er verweist auf Umfragen, nach denen die Union im Bund vor der SPD liegt.

Welche Umfragen?

Das irritiert die Zuhörer. Und einer von ihnen hält dem nach kurzem Online-Check drei aktuelle Umfragen der letzten Wochen entgegen, bei denen die Union nie vor der sozialdemokratischen Konkurrenz lag.

Auf Nachfrage geht der 66-jährige Parteichef auch auf die männliche Dominanz in der Führungsriege der CDU ein. Am Samstag gab Julia Klöckner, langjährige Ministerin unter Angela Merkel, den Vorsitz der Partei in Rheinland-Pfalz weiter – an einen männlichen Nachfolger. Seitdem führen nur noch Männer auf Ebene der Bundesländer die Partei. Das sei, sagt Merz, “schon ein Problem”. Er sei fest entschlossen, “das Erscheinungsbild zu ändern”. Das gehe “nicht über Nacht, aber wir haben ein gehöriges Defizit”.

Nach Angaben der CDU-Pressestelle liegt der Frauenanteil der Mitglieder bei 27 Prozent, der Altersdurchschnitt aller Mitglieder bei 61 Jahren. Ende 2021 hatte die Partei 384.204 Mitglieder. Ein Merz-Effekt wurde seitdem nicht konkret vermeldet.

Beobachter sehen bei der Wahl im Saarland in der Tat starke landespolitische Aspekte. Dazu zählen die besondere Sorge der Menschen an der Saar um Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung, zudem eine Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger, die als SPD-Spitzenkandidatin im Wahlkampf schon als “Unsere Ministerpräsidentin” plakatiert wurde.

Der Politikwissenschaftler und Publizist Andreas Püttmann hält dagegen und will die Entscheidung des Sonntags nicht nur als “Landes-Wahl” sehen. “Die neue Führung im Bund muss sich an ihren selbstgeschürten Erwartungen und ihren Ansprüchen messen lassen”, sagt er der Deutschen Welle und erinnert an Aussagen von Merz und Merz-Begeisterten, dass die Partei wieder Ergebnisse an die 40 Prozent einfahren könne. “Gemessen daran merkt man von einem Ruck bei der Saar-Wahl gar nichts.”

Püttmann verweist auch auf eine Umfrage von “infratest dimap” kurz vor der Wahl. Dabei äußerten sich 45 Prozent der Befragten im Saarland zufrieden mit der politischen Arbeit des nun abgewählten Ministerpräsidenten Tobias Hans. Und nur 38 Prozent zufrieden mit der politischen Arbeit von Merz. “Der Merz-Zug, der stottert und stockt, weil einfach Merz kein Sympathieträger ist”, so Püttmann. Und es sei “dreist”, wenn Generalsekretär Czaja nun die Bundes-CDU der Landes-CDU als “leuchtendes Vorbild” darstelle.

“Die CDU ist immer noch dabei, sich unter dem neuen Vorsitzenden Merz zu entwickeln”, meint der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun im Gespräch mit der Deutschen Welle. Sie habe “noch keine eindeutige Linie gefunden” und reagiere eher auf das, was die Bundesregierung mache. Natürlich seien die Erwartungen hoch an den neuen Vorsitzenden. “Deshalb dürfen sich solche Ergebnisse nicht wiederholen, wenn nicht auch Friedrich Merz in die Krise kommen soll.”

Viel Zeit bleibt der CDU nicht, um zu reagieren. Im Mai stehen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein (8. Mai) und in Nordrhein-Westfalen (15. Mai) an. In beiden Ländern führt ein CDU-Ministerpräsident die jeweilige Landesregierung. Und jede Wahl in NRW, dem Bundesland mit den meisten Einwohnern (18 Millionen), gilt als “kleine Bundestagswahl”.

Merz betonte, die CDU wolle in beiden Ländern die politische Führung verteidigen. Aber es gehe um “mühsame Aufbauarbeit”. Und dann zeigt er gleich eine große Linie auf: “Wir sind hier nicht auf einem Kurzstreckenlauf, wir sind auf einem Langstreckenlauf.” Für ihn sei die Europawahl im Sommer 2024 der große Prüfstein. Die CDU solle dabei ihre Rolle als “Europapartei” verteidigen.

Uwe Jun rechnet damit, dass die Ergebnisse der CDU bei den beiden Wahlen im Mai “deutlich höher” sein werden. Aber es gehe derzeit stets um die Fragen: “Wohin geht die CDU? Wie stellt man sich auf?” Auch Andreas Püttmann sieht bessere Chancen der Christdemokraten bei beiden Wahlen. Viel werde davon abhängen, wie die Ampel in Berlin innere Spannungen zu integrieren vermag und wie die Spitzenkandidaten in Kiel und Düsseldorf performen.

Deutschland Saarbrücken | Landtagswahl | Wahlverlierer Tobias Hans
Deutschland BTW 2021 Sondierungsgespräche CDU FDP Klöckner

Die Wahllokale im Saarland sind am Sonntagabend kaum geschlossen, da spricht der Bonner Politologe Volker Kronenberg im Fernsehsender “Phoenix” von einer “Klatsche” für die CDU. Und Mario Czaja, seit gut zwei Monaten Generalsekretär der Christdemokraten auf Bundesebene, sagt, es sei “ganz offensichtlich…ein saarländisches Wahlergebnis”, im Wahlkampf hätten “saarländische Themen” dominiert.                                            

Die CDU, die bislang in dem kleinsten deutschen Flächenland die Regierung führte und in Tobias Hans den Ministerpräsidenten stellte, rutscht von 40,7 auf 28,5 Prozent ab. Es ist das schlechteste Ergebnis im Land seit 1955. Für die C-Partei an der Saar im Westen der Republik ist das ein Erdbeben.

Welche Umfragen?

Und für die CDU im Bund, im fernen Berlin? Am Mittag danach steht Friedrich Merz vor Journalistinnen und Journalisten in der CDU-Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus, und spricht von einer “Enttäuschung” und “keinem guten Tag für die CDU”. Dabei, betont Merz, seit zweieinhalb Monaten an der Parteispitze, habe seine Partei auf Bundesebene “den turn-around hinbekommen”, “wir stehen bundespolitisch nicht schlecht da”. Und er verweist auf Umfragen, nach denen die Union im Bund vor der SPD liegt.

Das irritiert die Zuhörer. Und einer von ihnen hält dem nach kurzem Online-Check drei aktuelle Umfragen der letzten Wochen entgegen, bei denen die Union nie vor der sozialdemokratischen Konkurrenz lag.

Auf Nachfrage geht der 66-jährige Parteichef auch auf die männliche Dominanz in der Führungsriege der CDU ein. Am Samstag gab Julia Klöckner, langjährige Ministerin unter Angela Merkel, den Vorsitz der Partei in Rheinland-Pfalz weiter – an einen männlichen Nachfolger. Seitdem führen nur noch Männer auf Ebene der Bundesländer die Partei. Das sei, sagt Merz, “schon ein Problem”. Er sei fest entschlossen, “das Erscheinungsbild zu ändern”. Das gehe “nicht über Nacht, aber wir haben ein gehöriges Defizit”.

Nach Angaben der CDU-Pressestelle liegt der Frauenanteil der Mitglieder bei 27 Prozent, der Altersdurchschnitt aller Mitglieder bei 61 Jahren. Ende 2021 hatte die Partei 384.204 Mitglieder. Ein Merz-Effekt wurde seitdem nicht konkret vermeldet.

Wenige Frauen, hoher Altersdurchschnitt

Beobachter sehen bei der Wahl im Saarland in der Tat starke landespolitische Aspekte. Dazu zählen die besondere Sorge der Menschen an der Saar um Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung, zudem eine Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger, die als SPD-Spitzenkandidatin im Wahlkampf schon als “Unsere Ministerpräsidentin” plakatiert wurde.

Merz an der Saar

Der Politikwissenschaftler und Publizist Andreas Püttmann hält dagegen und will die Entscheidung des Sonntags nicht nur als “Landes-Wahl” sehen. “Die neue Führung im Bund muss sich an ihren selbstgeschürten Erwartungen und ihren Ansprüchen messen lassen”, sagt er der Deutschen Welle und erinnert an Aussagen von Merz und Merz-Begeisterten, dass die Partei wieder Ergebnisse an die 40 Prozent einfahren könne. “Gemessen daran merkt man von einem Ruck bei der Saar-Wahl gar nichts.”

Püttmann verweist auch auf eine Umfrage von “infratest dimap” kurz vor der Wahl. Dabei äußerten sich 45 Prozent der Befragten im Saarland zufrieden mit der politischen Arbeit des nun abgewählten Ministerpräsidenten Tobias Hans. Und nur 38 Prozent zufrieden mit der politischen Arbeit von Merz. “Der Merz-Zug, der stottert und stockt, weil einfach Merz kein Sympathieträger ist”, so Püttmann. Und es sei “dreist”, wenn Generalsekretär Czaja nun die Bundes-CDU der Landes-CDU als “leuchtendes Vorbild” darstelle.

“Die CDU ist immer noch dabei, sich unter dem neuen Vorsitzenden Merz zu entwickeln”, meint der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun im Gespräch mit der Deutschen Welle. Sie habe “noch keine eindeutige Linie gefunden” und reagiere eher auf das, was die Bundesregierung mache. Natürlich seien die Erwartungen hoch an den neuen Vorsitzenden. “Deshalb dürfen sich solche Ergebnisse nicht wiederholen, wenn nicht auch Friedrich Merz in die Krise kommen soll.”

Langstrecke

Viel Zeit bleibt der CDU nicht, um zu reagieren. Im Mai stehen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein (8. Mai) und in Nordrhein-Westfalen (15. Mai) an. In beiden Ländern führt ein CDU-Ministerpräsident die jeweilige Landesregierung. Und jede Wahl in NRW, dem Bundesland mit den meisten Einwohnern (18 Millionen), gilt als “kleine Bundestagswahl”.

Merz betonte, die CDU wolle in beiden Ländern die politische Führung verteidigen. Aber es gehe um “mühsame Aufbauarbeit”. Und dann zeigt er gleich eine große Linie auf: “Wir sind hier nicht auf einem Kurzstreckenlauf, wir sind auf einem Langstreckenlauf.” Für ihn sei die Europawahl im Sommer 2024 der große Prüfstein. Die CDU solle dabei ihre Rolle als “Europapartei” verteidigen.

Uwe Jun rechnet damit, dass die Ergebnisse der CDU bei den beiden Wahlen im Mai “deutlich höher” sein werden. Aber es gehe derzeit stets um die Fragen: “Wohin geht die CDU? Wie stellt man sich auf?” Auch Andreas Püttmann sieht bessere Chancen der Christdemokraten bei beiden Wahlen. Viel werde davon abhängen, wie die Ampel in Berlin innere Spannungen zu integrieren vermag und wie die Spitzenkandidaten in Kiel und Düsseldorf performen.

Andreas Püttmann - deutscher Politikwissenschaftler, Journalist und Publizist

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